Mediennutzung und Nachrichtenvermeidung in Krisenzeiten
ARD-Forschungsdienst
Wie verändert sich das Nachrichten-Nutzungsverhalten von Menschen in Krisenzeiten? Welche Gründe führen bei Teilen der Bevölkerung zu Nachrichtenmüdigkeit oder gar Nachrichtenvermeidung? Diesen Fragen geht der aktuelle ARD-Forschungsdienst nach und stellt dazu Studienergebnisse vor.
Einfluss auf Nachrichtennutzung durch Themen, Negativität und individuelle Merkmale
Das Interesse an Nachrichten ist in den letzten Jahren merklich gesunken, während die Zahl an Nachrichtenquellen mit einer großen Fülle an Informationen angestiegen ist. Vor allem bestimmte Themen oder die Negativität der Meldungen sowie individuelle Merkmale der Nutzerinnen und Nutzer spielen eine wichtige Rolle bei der Nachrichtennutzung bzw. -vermeidung.
Vermehrte Nachrichtenvermeidung in Krisenzeiten
In Krisenzeiten ist die Nachrichtenvermeidung häufiger festzustellen. Die intentionale Vermeidung von Nachrichten kann dabei durch bestimmte Themen, wie zum Beispiel die Corona-Berichterstattung und spezifische Motive, wie Informationsüberlastung bei Nutzerinnen und Nutzern, verstärkt werden. Das Ausmaß der Nachrichtenrezeption variiert individuell, je nach Situation und Kontext, etwa wenn Informationen in Krisenzeiten als Informationslast gesehen werden, Nachrichten belastend sind und Menschen sich mehr oder weniger für bestimmte Themen interessieren. Eine wechselseitige Verstärkung von Prozessen kann auftreten, wenn Nachrichtenmüdigkeit zur schlechteren Bewertung von Nachrichten führt und dadurch ihre Nutzung beeinträchtig wird.
Negative Nachrichten können zu Stress führen
Die unterschiedliche Verarbeitung von negativen Nachrichten kann bei Rezipientinnen und Rezipienten zu Stress führen. Entscheidend sind dabei bestimmte Verhaltensmuster wie das funktionale Verarbeiten von Informationen oder eine Überforderung durch Informationen und ihre Vermeidung. Forscherinnen und Forscher fanden zum Beispiel heraus, dass Menschen, die Nachrichten vermeiden und häufiger mit Falschinformationen in Kontakt kommen, diesen eine höhere Glaubwürdigkeit zusprechen.
Nachrichtenvermeidung als Schutzstrategie
Nachrichtenvermeidung in Krisenzeiten kann auch zu positiven Effekten wie einem stärkeren zivilen Engagement führen, zu diesem Ergebnis kommt eine in den Niederlanden durchgeführte Studie. Es wird davon ausgegangen, dass zu viele (negative) Nachrichten die Komplexität des Themas steigern, das Verständnis für die Situation erschweren und dadurch die Handlungsbereitschaft gehemmt werden kann. Entlastend kann dann die Nutzung von persönlichen sozialen Kontakten wirken, vor allem, wenn negative Affekte mitspielen. Insofern stellt Nachrichtenvermeidung eine Schutzstrategie gegenüber psychischem Stress dar und sollte daher nicht als reines Desinteresse verstanden werden.
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