MP 13/2025: Stabiles Medienvertrauen auch in Zeiten politischer Umbrüche

Nayla Fawzi/Marc Ziegele/Tanjev Schultz/Nikolaus Jackob/Ilka Jakobs/Christina Viehmann/Oliver Quiring/Christian Schemer/Daniel Stegmann

Stabiles Medienvertrauen auch in Zeiten politischer Umbrüche

Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen 2024

Kurz und knapp

  • Das Medienvertrauen in Deutschland bleibt 2024 gegenüber dem Vorjahr weitgehend stabil und ist auch in einer langfristigen Perspektive recht robust.
  • Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist nach wie vor die Mediengattung, der am meisten vertraut wird.
  • Das Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk liegt jedoch auf dem niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung.
  • Zudem nehmen medienzynische Einstellungen, d.h. Zweifel an der Integrität und Legitimität des Mediensystems, seit 2020 leicht zu. 
  • Die wahrgenommene Verrohung des öffentlichen Diskurses hat über die letzten Jahre stark zugenommen und erreicht einen Höchstwert; ein negativer Zusammenhang mit Medien- und Politikvertrauen ist sichtbar.

Weltweite politische Krisen und Kriege prägen derzeit das Leben in Deutschland, ebenso wie innenpolitische Umbrüche seit dem Aus der „Ampel-Koalition“. Wachsende gesellschaftliche Spannungen, Polarisierung und Konfliktfelder sorgen dafür, dass – ebenso wie Politik und andere gesellschaftliche Institutionen – auch die Medien unter besonderem (Legitimations)-Druck geraten. Vor allem in westlichen Ländern nimmt die Skepsis und das Misstrauen gegenüber etablierten Mediensystemen und die harsche Kritik an ihnen zu. Inwiefern sich diese Faktoren auf das Vertrauen der Menschen in die klassischen und Sozialen Medien in Deutschland auswirken, hat die zehnte Welle der "Mainzer Langzeitstudie Medienvertrauen" untersucht.

Trotz diverser Krisen blieb das Medienvertrauen 2024 stabil

Nachdem während der Corona-Pandemie das Vertrauen in die Medien gewachsen war, pendelte es sich laut den vergangenen Wellen der Studie wieder auf das Niveau vor der Corona-Pandemie ein. Trotz der genannten Einflussfaktoren blieben die Einstellungen zu den Medien auch im Jahr 2024 stabil: 47 Prozent der Befragten geben an, dass sie den etablierten Medien „bei wichtigen Dingen“ eher oder vollkommen vertrauen. Die Gruppe von Menschen, die den Medien misstrauen (20 %), ist in der aktuellen Erhebung um 5 Prozentpunkte geschrumpft.

Soziodemografie und politische Einstellungen beeinflussen Medienvertrauen bzw. -skepsis

Jüngere Mediennutzerinnen und -nutzer vertrauen den Medien eher als ältere Personen, am wenigsten Vertrauen haben die ab 70-Jährigen. Neben dem Alter und der formalen Bildung spielt vor allem die Parteipräferenz eine bedeutende Rolle für das Medienvertrauen: 33 Prozent der Personen mit Hauptschulabschluss haben Vertrauen in die Medien, 44 Prozent der Gruppe mit mittlerer Reife und 59 Prozent der Personen mit Abitur oder absolviertem Studium. Überdurchschnittlich hohes Vertrauen in Medien haben Menschen mit Sympathie für die Grünen, die Linke und die SPD, wohingegen Menschen mit einer Parteineigung für BSW und AfD ein geringes Vertrauen in die Medien aufweisen. Relevant für das Vertrauen in die Medien ist außerdem das jeweilige Thema der Berichterstattung: Beiträgen zum Krieg im Gazastreifen und in der Ukraine sowie zu Flucht und Zuwanderung vertrauen deutlich weniger Menschen als bei der allgemeinen Abfrage des Medienvertrauens.

Im Vergleich der Mediengattungen liegt nach wie vor der öffentlich-rechtliche Rundfunk vorn, gefolgt von Lokalzeitungen und überregionalen Tageszeitungen. Den Boulevardmedien und Sozialen Medien schenken die Deutschen auch 2024 wenig Vertrauen, Videoplattformen wie YouTube und Messengerdienste schneiden demgegenüber deutlich besser ab.

Zunehmende Verrohung und Medienzynismus

Ein Wert, der die Debattenkultur beschreibt und auch in der zehnten Welle der Langzeistudie abgefragt wurde, ist die Verrohung bzw. Inzivilität im öffentlich-politischen Diskurs. Hier zeigt sich eine stetige Zunahme der Werte über die Jahre. 2024 sagte mehr als die Hälfte der Befragten, dass Personen in der Öffentlichkeit sich inzivil verhalten. Hierzu zählen zynische Bemerkungen ebenso wie Beschimpfungen, Unwahrheiten oder andere nicht ausreden zu lassen. Auch der Medienzynismus, also das Infragestellen der Legitimität und Integrität des Mediensystems, ist gestiegen: Dies ist insbesondere auf die häufigere Wahrnehmung, die Medien würden in Deutschland die Meinungsfreiheit untergraben, zurückzuführen. Dies könnte eine Folge des Diskurses über angebliche Einschränkungen der Meinungsfreiheit sein. Eine Vertrauenskrise, wie es sie in anderen westlichen Ländern in Bezug auf die Medien gibt, ist allerdings hierzulande derzeit nicht festzustellen.

MP-Spotlights

Auch in Krisenzeiten vertrauen Menschen den Medien
Vertrauen in verschiedene Mediengattungen
Zunahme bei Medienzynismus und Diskursverrohung

Volltext MP 13/2025



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