Die sogenannte „Crowding-out“- oder Verdrängungsthese unterstellt, dass populäre öffentlich-rechtliche Online-Nachrichtenangebote die Bereitschaft der Nutzerinnen und Nutzer reduzieren würden, für private Nachrichtengebote im Internet Geld auszugeben. Forschende von der Universität Freiburg/Fribourg, der TU Dortmund und der TH Köln sind nun am Beispiel der Deutschschweiz der Frage nachgegangen, welche Auswirkungen eine hypothetische Abschaltung des dortigen öffentlichen Online-Nachrichtenangebots SRF News auf Absatz und Umsatz privater Medien hätte. Die Studie fußt auf einer repräsentativen Onlineumfrage sowie einer Marktanalyse. Methodisch schließen die Autoren und die Autorin damit an eine Vorgängerstudie zur Situation im österreichischen Markt an.
Akteure im Online-Nachrichtenmarkt der Deutschschweiz
Mitbewerber von SRF News im Deutschschweizer Online-Nachrichtenmarkt sind Websites und Apps von Tages-, Wochen- oder Boulevardzeitungen (u.a. der Medienhäuser CH Media, NZZ, Ringier und TX Group), Online-only-Angebote (z.B. Nau, Republik, das CH Media-Nachrichtenportal Watson) sowie Angebote, hinter denen keine klassischen Medienanbieter stehen (z.B. blue news, GMX). Hinzukommen die internationalen Player wie Soziale Netzwerke oder Videoplattformen wie YouTube.
Nur wenige Deutschschweizer würden beim Wegfall von SRF News ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen
Welche Konsequenzen hätte eine Einstellung des Angebots von SRF News? Die repräsentative Onlineumfrage kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als die Hälfte der Befragten (52,8 %) bei einer hypothetischen Abschaltung des Online-Nachrichtenangebots des öffentlichen Rundfunks auf kostenlose Medienangebote ausweichen würde und rund ein Drittel auf Soziale Netzwerke oder News-Aggregatoren. Lediglich 9,4 Prozent der Deutschschweizer würde ein kostenpflichtiges Abonnement abschließen. 21,1 Prozent gaben an, in Falle des geschilderten Szenarios keine anderen Angebote nutzen zu wollen.
Profitieren würden kostenlose Medienangebote, Soziale Netzwerke und Aggregatoren
Die Forschenden haben zudem auf Basis einer Marktsimulation durchgespielt, wie sich der aktuelle Marktanteil des Onlineangebots SRF News, der bei 23 Prozent liegt, bei einer hypothetischen Abschaltung auf andere Online-Nachrichtenangebote verteilen würde. Für die Simulation wurden unrealistisch niedrige Abopreise von CHF 8,00 pro Monat angesetzt. Demnach würden – selbst in diesem Setting – maximal 5,9 Prozent der bisherigen Nutzerinnen und Nutzer des SRF-Angebots zu einem kostenpflichtigen Angebot wechseln. Der überwältigende Anteil (80,9 %) würde auf kostenlose Medien zurückgreifen, 6,4 Prozent der Nachfrage zu Social-Media-Angeboten und News-Aggregatoren abwandern. Bezahlmedien würden also nur marginal von einer Abschaltung von SRF News profitieren.

Allgemein kaum Bereitschaft für Online-Nachrichtenagebote Geld auszugeben
Eine weitere Erkenntnis ist, dass die aktuelle und zukünftige Zahlungsbereitschaft für Online-Nachrichtenangebote in der Deutschschweiz generell eher gering ausfällt. Fast 80 Prozent der Befragten nutzen derzeit kostenlose Online-Nachrichtenangebote. Fast die Hälfte der Gruppe der Nicht-Zahlenden gibt an, dass sie auch zukünftig nicht bereit seien, für Online-Nachrichten Geld auszugeben. Fast ein Viertel der Nicht-Zahlenden wäre nur bereit, niedrige, marktunübliche 5 Schweizer Franken im Monat dafür einzusetzen.
Zudem kommt die Analyse zu dem Ergebnis, dass die Nutzung von SRF News positiv mit der Nutzung von privaten Online-Nachrichtenangeboten und der aktuellen und künftigen Zahlungsbereitschaft für Onlinenachrichten zusammenhängt. Die meisten Befragten nutzten nicht ausschließlich das Angebot des öffentlichen Rundfunks, sondern bereits parallel auch andere Angebote. Von denjenigen, die mindestens wöchentlich SRF News nutzten, frequentieren fast zwei Drittel auch Onlineangebote von Zeitungen.
Weitere Einblicke zu diesem Thema finden Sie im Beitrag von Manuel Puppis, Sina Blassnig, Lukas Erbrich, Christian Zabel und Frank Lobigs.
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