Heft 3

Claudius Technau

Das finnische Rundfunksystem im Wandel

Verstärkter Wettbewerb nach Strukturreform

Das finnische Rundfunksystem steht seit der Strukturreform von 1993 vor tiefgreifenden Veränderungen. So wurde die bisher bestehende organisatorische Verzahnung von öffentlichem und privatem Fernsehen beseitigt, während sich der Wettbewerb auf dem Rundfunkmarkt intensiviert hat. Zwar trägt auch heute noch - dies ist eine Besonderheit des finnischen Rundfunksystems - der kommerzielle Rundfunk durch eine gesetzlich festgelegte Public-service-Abgabe teilweise zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks bei. Im Hörfunk wurde das staatliche Monopol aber durch die Zulassung kommerzieller lokaler Sender bereits 1985 aufgehoben, und im Fernsehsektor endete das faktische Monopol der Rundfunkanstalt YLE durch die Reform von 1993. Landesweit konkurrieren heute die beiden staatlichen Fernsehkanäle TV1 und TV2 mit einem Marktanteil von zusammen 48 Prozent sowie der kommerzielle Kanal MTV Finland (44,5 %) miteinander. Kabel- und Satellitenprogramme spielen hingegen in Finnland nur eine untergeordnete Rolle. Seit 1996 geriet der öffentliche Rundfunk in zunehmendem Maße unter den Druck privater Konkurrenz. Zum einen hat das Ministerium für Transport und Verkehr einen landesweit ausstrahlenden kommerziellen Hörfunksender lizenziert. Heftig diskutiert wurde aber vor allem im Fernsehbereich die Lizenzvergabe an den sogenannten Vierten Kanal, wodurch die führende Rolle des Sanoma-Konzerns auf dem finnischen Medienmarkt weiter gestärkt wurde. Denn die finnische Mediengesetzgebung kennt keine Regelungen zur Begrenzung der Medienkonzentration, so daß Zeitungsverlage verstärkt in den Rundfunkmarkt expandieren. Der neue Vierte Kanal muß zwar auch zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks beitragen, allerdings in den ersten Jahren zu einem geringeren Anteil als MTV Finland. Auf den Einspruch von MTV Finland reagierte die Wettbewerbsbehörde überraschend mit dem Vorschlag einer völligen Abschaffung der Public-service-Abgabe. Das in dieser Frage zuständige Ministerium für Transport und Telekom- munikation hat sich allerdings bisher nicht mit dieser Problematik beschäftigt. Im Vordergrund der finnischen Medienpolitik steht augenblicklich vielmehr die Digitalisierung des terrestrischen Rundfunknetzes, die offenbar zielstrebig verfolgt wird.

MP 3/1997, S. 157-164



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