Heft 12

Christoph Neuberger/Jan Tonnemacher/Matthias Biebl/André Duck

Die deutschen Tageszeitungen im World Wide Web

Redaktionen, Nutzer, Angebote

Die Onlineauftritte der deutschen Tageszeitungen im World Wide Web erweisen sich bisher als recht behutsam. Hohe Investitionen, die laufenden Kosten sowie die Skepsis der Werbewirtschaft und die mangelnde Zahlungsbereitschaft der Nutzer lassen ein größeres Engagement nicht zu. Somit sind die Onlineausgaben der Tageszeitungen nach wie vor ein Verlustgeschäft. Zwar wurde in rund jedem zweiten Tageszeitungsverlag eine Onlineredaktion gegründet, die personelle Ausstattung ist jedoch noch vergleichsweise gering. Die vorliegende Studie vereint in einem Methodenmix eine schriftliche Befragung von Onlineredakteuren, eine online durchgeführte Nutzerbefragung und Fallstudien der Websites einiger ausgesuchter Tageszeitungen. Demnach arbeiten in den Onlineredaktionen vornehmlich junge Journalisten, bei denen technische Aufgaben gegenüber redaktioneller Tätigkeit im Vordergrund stehen. Entsprechend werden die Inhalte aus der Printversion der Tageszeitung häufig ohne redaktionelle Bearbeitung in die Onlineversion übernommen. Immerhin aktualisiert man die meisten Angebote täglich mindestens einmal. Im Vergleich zur gedruckten Zeitung werden Onlinezeitungen seltener und kürzer gelesen, wobei die Hauptnutzungszeit erst ab 18.00 Uhr beginnt. Auch in den Onlineangeboten sind die klassischen Zeitungssparten (Politik, Wirtschaft, Lokales/Regionales) am gefragtesten, aber auch Wissenschaft/Technik erfreut sich regen Zugriffs. Zwar stufen die Nutzer die Onlinezeitung als vielfältiger ein, die gedruckte Zeitung gilt aber als tiefer- gehendes Informationsmedium. Während das Internetangebot der "Süddeutschen Zeitung" ("SZonNet") entsprechend der Printausgabe auf Information und journalistische Qualität setzt, übernimmt der Kölner "Express" den Boulevardstil mit Unterhaltungsinhalten in seine Onlinezeitung ("Express Online").

MP 12/1997, S. 652-662



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