Heft 5

Bernhard Rosenberger/Sigrun Schmid

Nachrichtenagenturen im Wettbewerb

Angebots- und Kundenstrukturen auf dem deutschen Nachrichtenmarkt

Mit den tiefgreifenden Änderungen auf dem deutschen Medienmarkt im letzten Jahrzehnt (Dualisierung des Rundfunksystems, Vereinigung, Digitalisierung etc.) haben sich auch die Marktbedingungen für Nachrichtenagenturen verändert.

Heute operieren fünf Universalagenturen in Deutschland, wobei gemessen am Umsatz und der Zahl der Medienkunden die Deutsche Presse-Agentur (dpa) weit vor den deutschen Tochterunternehmen von Associated Press (AP), Reuters und Agence France-Presse (AFP) sowie vor dem Deutschen Depeschen Dienst/Allgemeinen Deutschen Nachrichtendienst (ddpADN) liegt. Allerdings kämpfen inzwischen alle Nachrichtenagenturen um Kunden, so daß ein Verdrängungs- wettbewerb einzusetzen scheint. Während dpa und AP ihre Angebote vornehmlich auf den Zeitungsmarkt ausgerichtet haben, liegt der Schwerpunkt bei Reuters und AFP auf dem Rundfunk. Im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die fast alle Abonnenten sämtlicher fünf Universalagenturen sind, abonnieren private Sender in der Regel nur ein bis zwei Agenturdienste. Durch neuartige Dienstleistungen versuchen die Agenturen, neue Kunden zu gewinnen. Die Produktpalette, die neben dem nationalen Dienst je nach Agentur aus einem Regional-, Bilder-, Grafik-, Audio-, Nachrichtenfilm- und/oder Onlinedienst besteht, hat sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Besonders hart ist der Wettbewerb zur Zeit im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung. Auch sind Anzeichen eines Preiskampfes zu beobachten, indem manche Agenturen durch flexible Preisgestaltung auf die Konkurrenz reagieren. Jedenfalls bestehen bei den Abonnementpreisen zwischen den Agenturen beträchtliche Preisunterschiede, und offensichtlich tendieren einige Zeitungsverlage dazu, die Zahl ihrer Agenturabonnements aus Kostengründen zu reduzieren. Schließlich gehen die Agenturen verstärkt dazu über, ihre Konkurrenten systematisch zu beobachten, sei es durch gezielte Auswertung von Zeitungen oder das Abhören von Hörfunk- und Fernsehnachrichten. Aufgrund des immer härteren Wettbewerbs halten es die Autoren für fraglich, ob in einigen Jahren noch fünf universelle Nachrichtenagenturen in der Bundesrepublik vertreten sein werden. 

MP 5/1997, S. 276-285



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