Heft 1

Jochen Zimmer

Auftrieb für fiktionale Fernsehproduktion in Deutschland

Aufwendungen des Fernsehens für Leistungen der Filmwirtschaft 1995/96

Die Produktion fiktionaler Programme in Deutschland befindet sich zur Zeit im Aufwind - sowohl im Bereich des Kinos als auch des Fernsehens. Die Kinofilmwirtschaft wird dabei wesentlich vom Fernsehen gestützt: Nahezu die Hälfte der ca. 60 bis 70 jährlichen Spielfilme entsteht in Koproduktion mit dem Fernsehen, vor allem mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten, während die privaten Sender nach SPIO-Angaben nur an 18 der 229 Gemeinschaftsproduktionen der 90er Jahre beteiligt waren. Auch die in Europa mit Abstand führende fiktionale Fernsehproduktion in Deutschland ist den Auswertungen der sogenannten Eurofiction-Studie zufolge "generell immer noch eine Domäne öffentlich-rechtlicher Fernsehsender".

Diese Ergebnisse werden auch von der seit den 70er Jahren zweijährlich von Media Perspektiven durchgeführten Befragung der deutschen Fernsehsender zu den Aufwendungen für Leistungen der Filmwirtschaft bestätigt. Die Gesamtaufwendungen von ARD und ZDF für fiktionale Produktionen lagen demnach 1995 bei 1,56 Mrd DM und 1996 bei 1,78 Mrd DM. Lediglich ein Fünftel dieser Summe fließt davon in den Erwerb von Ausstrahlungsrechten, der Löwenanteil von 70 Prozent fällt für direkte Auftragsproduktionen an und ein Zehntel für sonstige filmwirtschaftlichen Leistungen wie Synchronisation oder Kopierarbeiten.

Anders stellt sich die Situation beim privaten Fernsehen dar, das sich nicht mit direkt vergleichbaren Angaben an der Umfrage beteiligte. Lediglich die drei großen Anbieter RTL, SAT.1 und PRO SIEBEN haben hier ihr Engagement bei fiktionalen Produktionen in den letzten Jahren deutlich verstärkt, nicht zuletzt wegen der größeren Zuschauerresonanz auf Geschichten aus dem heimischen Umfeld und der exorbitant gestiegenen Kosten für Kaufprogramme. Allerdings macht der Erwerb von Ausstrahlungsrechten z.B. bei RTL und PRO SIEBEN auch in den Jahren 1995 und 1996 weiterhin mehr als 70 Prozent der Ausgaben für fiktionale Produktionen aus, während die Ausgaben der beiden Sender für fiktionale Auftragsproduktionen jeweils unter 500 Mio DM lagen. Trotz der begrüßenswerten Akzentverschiebung zu mehr fiktionaler Eigenproduktion bei RTL, SAT.1 und PRO SIEBEN ist darin insgesamt eher der Abbau eines gravierenden Defizits denn - wie dies gern geschieht - eine besonders herausstellenswerte filmwirtschaftliche Leistung zu sehen. Das wesentlich breiter angelegte Rückgrat der deutschen Filmwirtschaft dürften demgegenüber bis auf weiteres ARD und ZDF bilden.

MP 1/1998, S. 2-14



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