Heft 6

Jeanette Steemers

Der terrestrische Fernsehsektor in Großbritannien

Gesetzliche Rahmenbedingungen, Angebot und Marktposition von BBC, ITV, Channel 4 und Channel 5

Während das britische Rundfunksystem lange Zeit durch das Duopol zwischen BBC und der privaten ITV gekennzeichnet war, führten zusätzliche terrestrische Fernsehkanäle (Channel 4 und 5) sowie neue Kabel- und Satellitenprogramme seit Mitte der 80er Jahre zu einem verschärften Wettbewerb. Mit dem Broadcasting Act von 1990 leitete die konservative Regierung unter Margaret Thatcher eine medienpolitische Wende ein, um die Prinzipien der freien Marktwirtschaft auch auf dem Fernsehmarkt durchzusetzen. Die Folge waren eine zunehmende Kommerzialisierung (zum Beispiel der ITV), weniger Regulierung und leichtere Zugangs- möglichkeiten wirtschaftlicher Interessen zu den Rundfunkmedien. Mit dem Broadcasting Act von 1996 wurden außerdem Rahmenbedingungen für das digitale Fernsehen geschaffen sowie liberalisierte Beteiligungsvorschriften und Cross-ownership-Regeln eingeführt.

Trotz neuer Übertragungswege spielt der terrestrische Empfang in Großbritannien noch immer eine bedeutende Rolle und umfaßt rund 80 Prozent des Fernsehkonsums. Die BBC nimmt weiterhin eine wichtige Position in der britischen Rundfunklandschaft ein und versucht, ihre Einnahmen auch durch kommerzielle Aktivitäten zu erhöhen bzw. sich zukunftsträchtige Medienprojekte (z.B. Pay TV) durch Joint-ventures zu sichern. Zwar sind die Marktanteile der terrstrischen Sender insgesamt rückläufig, von dieser Entwicklung ist die BBC jedoch weniger betroffen als ITV. So führt die BBC beispielsweise die Hitliste der Top 50-Serien mit nonfiktionaler Unterhaltung und populären Dokusoaps an.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern die neuen digitalen Übertragungs- techniken, die eine Vielzahl von Programmen erlauben werden, in Zukunft die Fernsehlandschaft in Großbritannien weiter verändern werden.

MP 6/1998, S. 287-297



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