Heft 9

Gerd Hallenberger

Fiktionale Fernsehproduktionen in Deutschland

Ergebnisse der Eurofiction-Studie 1997

Im Rahmen des Forschungsprojektes Eurofiction wird seit 1996 in fünf europäischen Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien) kontinuierlich eine quantifizierende Bestandsaufnahme erstausgestrahlter einheimischer fiktionaler Fernsehproduktionen durchgeführt. Neben allgemeinen Sendedaten werden hierbei auch inhaltliche Komponenten, wie Genrezugehörigkeit und die kulturellen Indikatoren Handlungszeit, -ort, -raum und Hauptpersonen, berücksichtigt.

Deutschland nimmt im europäischen Kontext durch sein umfangreiches Angebot an fiktionalen Erstausstrahlungen eine Sonderstellung ein. Lediglich Großbritannien verfügt über ein annähernd vergleichbares Fictionangebot, hingegen weichen Spanien, Frankreich und Italien nicht nur im Umfang, sondern auch durch die Angebotsstruktur ab.

Betrachtet man das Fictionangebot in Deutschland nach Sendern, so lassen sich 1997 im Vergleich zum Vorjahr folgende Veränderungen feststellen: Während der fiktionale Anteil der öffentlich-rechtlichen Programme sich auf hohem quantitativen Niveau stabilisiert hat, ist ein Zuwachs des Fictionanteils privater Sender nur bei SAT.1 und RTL 2 zu beobachten. Die Mehrzahl der neuen fiktionalen Fernsehproduktionen ist zumeist ausschließlich deutsch. Der internationale Koproduktionsanteil hat bei ARD und ZDF leicht zugenommen, hingegen verzeichnen die Privatsender eine gegenläufige Tendenz. Dabei bieten alle großen deutschen Sender einen vergleichbaren fiktionalen Formatmix, bestehend aus Einzelproduktionen (50 %), Reihen (20 %) und Serien (10 %). Die beiden Formate Miniserie und Anthologie finden sich fast nur im öffentlich-rechtlichen Sendeangebot. 1997 ist ein besonderer Zuwachs von Fernsehfilmen zu verzeichnen, vor allem bei den privaten Anbietern. Das fiktionale Fernsehen wird vom Genre General drama dominiert, Crime/Action folgt mit weitem Abstand, und Comedy bleibt weiterhin eine seltene Variante. Eine detaillierte Genreanalyse bringt zudem die quantitative Bedeutung von Daily soaps und Krimiangeboten zutage. Der ARD-"Tatort" erzielt dabei die höchsten Nutzungswerte erstausgestrahlter einheimischer Fictionproduktionen. Eines ist den meisten neuen fiktionalen Fernsehproduktionen gemeinsam, sie spielen vor allem in der Gegenwart, im Inland bzw. in Großstädten.

MP 9/1998, S. 463-471



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