Heft 9

Helga Theunert

Jugendmedienschutz im digitalen Fernsehen: Genügen technische Angebote?

Ergebnisse einer Familienbefragung im Abonnentenkreis von DF1 und Premiere

Mit der Weiterentwicklung der Medientechnik ergeben sich neue Anforderungen für den Jugendschutz, insbesondere im Hinblick auf Pay TV. Während die derzeitigen Pay-TV-Anbieter DF1 und Premiere durch die elektronische Sicherung der d-box den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor untauglichen Fernsehangeboten für ausreichend erachten, bewerten die zuständigen Aufsichts- organe und Jugendschutzeinrichtungen das angewendete Verfahren skeptisch. Zwar kann mittels eines vierstelligen PIN-Codes ein Kanal ganz oder teilweise gesperrt werden, ob diese Option jedoch genutzt wird, liegt in der Entscheidung der Eltern.

Aufschluß über die Praktikabilität der d-box sowie ihre Relevanz für den Jugendschutz geben die Ergebnisse der im Herbst 1997 von der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten in Auftrag gegebenen Studie. In einem Praxistest erwies sich die d-box in Verständlichkeit und Handhabbarkeit der Sicherung als unausgereift, zumal ältere Kinder das System der Sperre durchschauen könnten. Schließlich zeigte eine qualitative Familienbefragung im Abonnentenkreis von DF1 und Premiere, daß sich die Zuschauer des digitalen Fernsehens wesentlich vom durchschnittlichen Fernsehpublikum unterscheiden. Digitales Pay TV wird offensichtlich vor allem von Familien mit niedriger Bildung genutzt, wobei in der Regel jedes Familienmitglied über ein eigenes Fernsehgerät verfügt und ein hoher Fernsehkonsum an der Tagesordnung steht; zudem sehen Kinder oft alleine fern. Obwohl die Eltern die vorhandene Kindersicherung ausdrücklich loben, wird sie nicht zuletzt aufgrund fehlender technischer Kenntnisse kaum verwendet.

Während höher gebildete Eltern ihre Fernseherziehung eher auf Vertrauen samt argumentativer Auseinandersetzung gegenüber den Kindern bauen, herrscht bei weniger gebildeten Eltern oft Gleichgültigkeit vor. Da die Mehrheit der Untersuchungsgruppe Merkmale aufweist, in denen nach medienwissenschaftlichen Erkenntnissen Eltern wie Kinder verstärkt bedenkliche bis problematische Umgangsweisen mit dem Fernsehen haben, können die bisher verwendeten technischen Schutzvorkehrungen nur als Zusatz und nicht als Ersatz für den Jugendmedienschutz angesehen werden.

MP 9/1998, S. 446-453



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