Heft 8

Frank Brettschneider

Medien als Imagemacher?

Bevölkerungsmeinung zu den beiden Spitzenkandidaten und der Einfluß der Massenmedien im Vorfeld der Bundestagswahl 1998

Im Vorfeld der Bundestagswahl 1998 untersucht die vorliegende Studie, welche Vorstellungen die Bürger von den Spitzen- kandidaten Helmut Kohl und Gerhard Schröder haben und welchen Beitrag die Medienberichterstattung zur Herausbildung dieser Images geleistet hat. In einer bundesweit durchgeführten, repräsentativen Bevölkerungsumfrage wurden die Images des Kanzlers und seines Herausforderers anhand von vier Dimensionen bestimmt: Problemlösungskompetenz, Managerfähigkeiten, Integrität und apolitische persönliche Merkmale. Während Kohl in fast allen Eigenschaften negativ beurteilt wurde, überwiegen bei Schröder die positiven Beurteilungen. Hierbei spielten entgegen oft geäußerter Behauptungen persönliche Merkmale der Kandidaten keine größere Rolle als politikbezogene Merkmale. Eine hohe Bedeutung bei der Beurteilung der Spitzenkandidaten und der Wahrnehmung ihrer (politiknahen) Eigenschaften nimmt die Parteiidentifikation ein. Helmut Kohl wird also von Anhängern seiner Partei positiver eingeschätzt als von SPD-Anhängern, und Gerhard Schröder stößt unter letzteren auf mehr Wohlwollen als unter Unionssympathisanten.

Die Bedeutung der Massenmedien bei Wahlen ist dagegen seit langem umstritten. Die Studie ging der Frage nach, ob sich die Leser des politischen Teils der überregionalen Tageszeitungen und Wochenmagazine sowie die Nutzer verschiedener Fernsehnachrichtensendungen in ihren Kandidatenbewertungen voneinander unterscheiden. Während es leichte Anzeichen auf eine ideologische Prägung der Presseberichterstattung gibt, überwiegen insgesamt die Hinweise auf eine konsonante Medienberichterstattung, auch wenn überraschenderweise die Zuschauer öffentlich-rechtlicher Fernsehnachrichten Kohl besser beurteilen als die Zuschauer privater Nachrichten. Außerdem konnte kein Image-agenda-setting nachgewiesen werden, das heißt, von den verschiedenen Medien unterschiedlich stark betonte Kandidateneigenschaften - zum Beispiel berichten private TV-Programme häufiger über das Privatleben von Politikern, und die öffentlich-rechtlichen Nachrichten sind die bedeutendste Informationsquelle für das politische Geschehen - wirken sich nicht auf die Bevölkerungsmeinung einzelner Mediennutzungstypen aus.

MP 8/1998, S. 392-401



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