Heft 2

Ekkehardt Oehmichen

Medienforschung als Programmberatung

Zur Entwicklung eines neuen öffentich-rechtlichen Jugendradios

Mit hr-xxl ist am 5. Januar 1998 ein neues öffentlich-rechtliches Jugendradio auf Sendung gegangen, das bereits im Vorfeld intensiv von der Medienforschung begleitet wurde, um einen aktiven Beitrag zur Programmberatung zu leisten. Als wesentliches Instrumentarium wurden mehrere "Programmwerkstätten Jugendwelle" in Hessen eingerichtet, die den 16- bis 20jährigen Jugendlichen die Chance eröffneten, ihre Vorstellungen eines Jugendradios selbst einzubringen und mit den Produzenten zu diskutieren. Nach den Ergebnissen der Studie dient Hörfunk den jungen Leuten vor allem als Stimmungsmanagement, ist also musikalische Hintergrundkulisse, während Hintergrund- informationen nur eine geringe Rolle spielen. Informationsorientierte Hörer finden sich am ehesten in der Altersgruppe ab 20 Jahre.

Die Werkstattergebnisse zum Thema Musik sind insofern überraschend, als zum Beispiel der Begriff Charts bei Jugendlichen negativ besetzt ist, da er mit Mainstream und Kommerzmusik gleichgesetzt wird. Dagegen schnitten Oldies im Musiktiteltest erstaunlich gut ab, was sich mit Kindheitserfahrungen und den Hörgewohnheiten der Eltern erklären läßt. Nach Auffassung insbesondere der älteren Jugendlichen wurde deren Musikgeschmack jedoch bisher im Radio kaum befriedigt. Vielmehr sei die Musikauswahl zu chartlastig, und es fehlten ganze Musikrichtungen bzw. -farben.

Die Erwartungen, die Jugendliche an Moderatoren eines Jugendradios haben, können mit den Stichworten authentisch, jung und provokativ umschrieben werden. Die Jugendlichen legen außerdem großen Wert darauf, an der Programmgestaltung und Berichterstattung teilzuhaben, um das Radio interaktiver zu gestalten. Hörerspiele und Wunschsendungen stoßen dagegen auf kein nennenswertes Interesse. In einer zweiten Phase der Programmwerkstatt Jugendwelle wird jetzt der Programmalltag von hr-xxl kritisch begleitet, um einen kontinuierlichen Soll-Ist-Abgleich zu ermöglichen. 

MP 2/1998, S. 61-69



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