Heft 5

Christian Breunig

Offene Fernseh- und Hörfunkkanäle in Deutschland

Strukturen, Programme und Publikum der Bürgermedien

Die Anzahl Offener Kanäle hat sich bundesweit in den letzten fünf Jahren auf 62 verdoppelt, und bis Ende 1999 ist nach gegenwärtiger Planung mit über 75 Offenen Kanälen zu rechnen. Die meisten dieser Bürgermedien sind nach wie vor in Rheinland-Pfalz (26) beheimatet, gefolgt von Nordrhein-Westfalen (11) und Niedersachsen (8). Allerdings holen die neuen Bundesländer mit Neugründungen in Sachsen-Anhalt und Thüringen auf. Außer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg und Sachsen, die teilweise andere Konzepte von Bürgermedien entwickelt haben, existieren damit in allen Bundesländern Offene Fernseh- und/oder Hörfunkkanäle. Jährlich stehen den Landesmedienanstalten zur Finanzierung der Offenen Kanäle insgesamt fast 30 Mio DM aus den Rundfunkgebühren zur Verfügung. Werbung ist generell verboten, dagegen können teilweise die Einrichtungen selbst, nicht aber Beiträge gesponsert werden.

Beträchtliche Unterschiede weisen die einzelnen Offenen Kanäle nicht nur im Programmvolumen, sondern auch inhaltlich auf, so daß von einer typischen Programmstruktur nicht gesprochen werden kann. Aus einer Inhaltsanalyse dreier westpfälzischer Offener Kanäle geht hervor, daß vor allem die Themenbereiche Musik, Festakte, Kunst/Kultur und Sport im Vordergrund stehen, während die Rolle politischer Gegenöffentlichkeit dort nicht wahrgenommen wird. Viele Offene Kanäle dienen auch der Integration ausländischer Bürger, außerdem nutzen religiöse Gruppen den Offenen Kanal als Plattform.

Ein Problem besteht für die Offenen Kanäle nach wie vor in der quantitativ geringen Publikumsakzeptanz, die nicht nur auf die punktuellen Sendezeiten, sondern auch auf eine fehlende Programmstrukturierung und auf die mangelhafte formale Qualität vieler Beiträge zurückzuführen ist. Gegenmaßnahmen sind die Bildung von Programmsparten anstelle einer beliebigen Abfolge der Sendungen, die Vergabe fester Sendeplätze, mehr Livesendungen, Weiterbildungsangebote für die Programmacher sowie eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit durch die Offenen Kanäle selbst. Im Sinne einer Zukunftssicherung Offener Kanäle erscheint es notwendig, die Gewohnheiten des Publikums stärker zu berücksichtigen, ohne den Charakter als Bürgermedium aufzugeben.

MP 5/1998, S. 236-249



Zurück zur Übersicht