Produktionssteuerung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Entwicklungen des Fernsehproduktionsbetriebs am Beispiel des Norddeutschen Rundfunks
Im Rahmen der Strategiediskussion bei ARD und ZDF über die Zukunft ihrer Fernsehproduktionsbetriebe nimmt der vorliegende Beitrag eine Standortbestimmung aus der Sicht des NDR vor, die die diskutierten und die bereits vollzogenen Entwicklungen von der vollständigen Auslagerung bis zum sog. Ein-Budget-System reflektiert.
Mit den "Orientierungsdaten für die zukünftige Entwicklung der Kapazitätsstruktur des NDR" wurde dort bereits Anfang der 80er Jahre eine Umorientierung des Produktionsbetriebs eingeleitet. Mit Zielstellenplänen für den Personaleinsatz und dem "Regelwerk Fernsehen", das die Zuständigkeiten für die Aufstellung der Jahrespläne und die Produktionsgenehmigungen festlegt, wurde eine enge Verzahnung von Programm und Produktion mit dem Ziel einer vollständigen Auslastung der vorhandenen Eigenkapazität angestrebt. Die Produktionsdirektion wurde reorganisiert und eine Hauptabteilung "Planung und Steuerung Fernsehen" geschaffen, die die Produktionsdirektion gegenüber dem Programm nach dem Vier-Augen-Prinzip vertritt und für die produktionstechnische Steuerung und Abwicklung der Programmvorhaben zuständig ist. Durch das Vier-Augen-Prinzip ist gewährleistet, daß neben der programminhaltlichen Perspektive auch wirtschaftliche Aspekte bei der Programmgestaltung auf jeder hierarchischen Ebene berücksichtigt werden. Innerhalb der Produktionsdirektion erfolgt die Kooperation zwischen den einzelnen Beteiligten durch Auftragsbeziehungen mit klarer Kostenstellenverantwortung. Begleitend wurde die EDV-gestützte Produktionsplanung samt Dispositionssystem weiterentwickelt. Ferner wurden die Archive unter dem Dach der Produktionsdirektion zusammengeführt und der Lizenzbereich Fernsehen enger mit der Produktionsleitung verzahnt. Mit diesen Maßnahmen konnten auf allen Ebenen Einsparungen erzielt und eine deutlich höhere Auslastung der Eigenkapazität erreicht werden.
Die Frage, ob es günstiger ist, eine Produktion inhouse oder durch einen Anbieter auf dem Markt herstellen zu lassen, kann im öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Grundsatz nicht durch Einzelfallkostenvergleiche beantwortet werden, da insbesondere die notwendige Ermittlung von Verrechnungspreisen Probleme aufwirft. Eine qualifizierte Entscheidung kann nur unter Berücksichtigung des gesamten Produktionsvolumens und der vorgehaltenen Eigenkapazität, der erforderlichen Qualität sowie der Besonderheiten des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags getroffen werden.
MP 5/1998, S. 214-221
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