Heft 12

Udo Michael Krüger

Thementrends in Talkshows der 90er Jahre

Talkshows bei ARD, ZDF, RTL, SAT.1 und PRO SIEBEN im Vergleich

Mit einer Inhaltsanalyse untersucht die Studie Entwicklungstrends beim Genre Talkshow in den Jahren 1991 bis 1998. Das Angebot hat sich infolge steigender Senderzahl und Sendedauer rund um die Uhr während dieses Zeitraums verzehnfacht, von 1991 durchschnittlich 38 Minuten pro Tag auf 1998 398 Minuten täglich. Gleichzeitig wurde das Genre im Zuge zunehmender Konkurrenz verstärkt zur Programmprofilierung eingesetzt; Talkshowformate wie Themen haben sich dadurch fortlaufend verändert. Vor allem die Thematisierung von Privatem , Sex und Erotik und die Verletzung von Werten und Tabus wurden und werden als Aufmerksamkeitsstimuli eingesetzt. Deutlich wird ein Rückgang des Politischen/Gesellschaftlichen zugunsten von Themen aus dem Sektor Privates/Zwischenmenschliches, die 1998 mehr als 50 Prozent aller Themen ausmachten. Anders als öffentliche Debatten um Werteverfall und Niveaulosigkeit von Talkshows vermuten lassen, sind typische Boulevardthemen wie Katastrophen und Kriminalität, Sex und Erotik im Gesamtangebot aber eher nachrangig vertreten. Nur bei PRO SIEBEN wird Sex/Erotik deutlich überdurchschnittlich häufig thematisiert.

Zu verzeichnen ist während des Untersuchungszeitraums ferner eine Verlagerung der Ausstrahlung vom Abend auf Sendetermine tagsüber, außerdem eine Tendenz zur mehrmals wöchentlichen oder gar werktäglichen Talkshow. In den Daily-Talks der Privatsender wird Zwischenmenschliches/Privates überdurchschnittlich häufig thematisiert. Hier finden sich auch Sendeformen, in denen nicht mehr das Thema, sondern die Darstellungsform Gegenstand der Show sind. Dabei hat sich das "Wie" des Umgangs mit Talkshowgästen - beispielhaft dargestellt anhand von Sendeprotokollen - teilweise Richtung Trash-TV, Confrontainment bzw. Anschrei- und Beschimpfungstalk entwickelt.

MP 12/1998, S. 608-624



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