Heft 1

Lutz Marmor

Outsourcing und Leistungserstellung durch Dritte beim NDR

Konkrete Vorhaben und Konzeptionen

Lutz Marmor, Verwaltungsdirektor des Norddeutschen Rundfunks, erörterte das Thema Outsourcing vor allem aus betriebswirtschaft- licher Sicht. Zunächst könne festgehalten werden, daß bei allen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten die Effizienzsteigerung oberste Priorität habe, aber für jede Rundfunkanstalt andere Ausgangsbedingungen gelten. Folglich komme jede Anstalt auch zu anderen Ergebnissen bei der Entscheidung über Leistungs- erstellung in Eigenregie oder Fremdvergabe.

Europaweite Studien hätten bewiesen, so Marmor, daß die innovativsten und erfolgreichsten Unternehmen nicht diejenigen seien, die möglichst viel auslagerten, sondern diejenigen, die ihre Geschäftsprozesse reformiert, restrukturiert, aber die Kern- prozesse in der eigenen Hand behalten hätten. Die Programm- produktion gehöre nach Ansicht des NDR ganz zweifellos zum Kerngeschäft einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Ferner ließen sich beim Outsourcing Interessenkonflikte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft nicht vermeiden, wenn sich die neu- gegründete Firma am Markt bewegen und bewähren solle. Die Umwandlung eines Betriebsteils in die Rechtsform einer GmbH allein löse noch keine Probleme. Gerade bei öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten fielen zudem Qualitätsmängel des Fremd- produkts -- anders als vielleicht beim Privatfunk -- immer auf die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt als Auftraggeber zurück.

Die zentrale Hürde für Outsourcing im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, so Marmor, sei die Mehrwertsteuerproblematik, so daß sich Outsourcing allein in den Bereichen lohne, in denen eine steuerliche Lösung gefunden werde. Aufgrund ihrer Aufgaben- stellung zum Beispiel im Bereich der aktuellen Berichterstattung sei die Grundauslastung der eigenen Produktionskapazitäten öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten immer gewährleistet, Spitzenkapazitäten würden immer zugekauft. Regelmäßige Kostenvergleiche beim NDR belegten, daß der Grundbedarf deshalb intern immer wirtschaftlicher erzeugt werde als bei Fremdvergabe, und wenn öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten reformfähig blieben, würden sich interne Lösungen auch weiterhin eher als Fremdvergaben rechnen. Im Rahmen des Projekts Zu- kunftssicherung und Kostensenkung (ZuKo) würden beim NDR alle Geschäftsprozesse geprüft und pragmatische Rationa- lisierungsansätze umgesetzt. Als Ergebnis habe der Fixkosten- block bereits deutlich reduziert werden können.Auch ohne forciertes Outsourcing sei so eine erhebliche Wirtschaftlickeits- verbesserung und Erhöhung der Flexibilität erreicht worden.

Wichtiges Ziel von Outsourcing-Projekten und Beteiligungen des NDR sei, den Zugang zu den Programmbeschaffungsmärkten zu sichern. Angesichts des massiven Konzentrationsprozesses im Produktionsmarkt müßten die öffentlich-rechtlichen Rundfunk- anstalten schon als strategische Vorsorge sich über eigene Produktionstöchter diesen Marktzugang offenhalten. Klare Vorgabe für die Tochterfirmen sei, einen eigenen Beitrag zu den Erträgen des NDR zu erwirtschaften, Quersubventionierung dürfe auf keinen Fall stattfinden.

MP 1/1999, S. 30-34



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