Heft 5

Camille Zubayr/Heinz Gerhard

Wahlberichterstattung und Politikbild aus Sicht der Fernsehzuschauer

Die Bundestagswahl 1998 im Fernsehen

Fernsehsendungen zum Bundestagswahlkampf 1998, am Wahltag selbst und am Tag nach der Wahl wurden bei ARD und ZDF von deutlich mehr Zuschauern gesehen als bei RTL und SAT.1. Das Erste und das ZDF plazierten schon im Wahlkampf erheblich mehr Sendungen in der frühen Prime time, während die Privaten Wahlsendungen erst am späteren Abend ausstrahlten. Über 90 Prozent der Zuschauer informierten sich vor der Bundestagswahl bei den öffentlich-rechtlichen Programmen. Am Wahlabend wurden auch unter den Nachrichtensendungen die öffentlich-rechtlichen Angebote klar präferiert.

Nach den Ergebnissen der repräsentativen ARD/ZDF-Trendbefragung wurde die Vorwahlberichterstattung von ARD und ZDF positiver bewertet als bei RTL und SAT.1. Auch junge Zuschauer und Privatfernsehfans hielten die Wahlkampfberichte von ARD und ZDF für besser. Die Gründe hierfür lagen nach Ansicht der Befragten in der größeren Klarheit und Verständlichkeit sowie Fairneß und Objektivität der Berichte im Ersten und im ZDF. Ähnliches gilt für die Berichterstattung am Wahlabend des 27. September 1998.

Wie aber sieht das Politikbild der Zuschauer aus und führt das Fernsehen tatsächlich - wie oft behauptet - zu politischer Entfremdung? Laut zahlreicher Studien beeinflussen vor allem die Bildung und das politische Interesse das Politikbild der Bürger. Nach Auswertungen des ARD/ZDF-Trend haben sich das politische Kompetenzgefühl und das Politikbild der Deutschen in den vergangenen Jahren leicht verbessert. Die Anhänger von ARD und ZDF besitzen ein größeres politisches Selbstvertrauen (z.B. Übernahme politischer Verantwortung) und ein optimistischeres Politikbild (z.B. Vertrauen in Politiker) als die Anhänger von RTL und SAT.1. Wer sich bei ARD und ZDF auf dem laufenden hält, zeigt die geringsten Symptome politischer Entfremdung. Dennoch ergibt sich auch aus dieser Repräsentativbefragung der Befund, daß das politische Interesse das Politikbild wesentlich stärker beeinflußt als die Mediennutzung.

MP 5/1999, S. 237-248



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