Warum es nicht ohne die ARD geht
Auftrag und Funktion, Gebühr und Grundversorgung, Werbung und Wettbewerb: Perspektiven der ARD
Unter dem Stichwort "Funktionsauftrag" ist in jüngster Zeit unter Federführung der Bertelsmann Stiftung die alte Debatte um die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks neu in Gang gesetzt worden. Dabei geht es vorrangig darum, zugunsten privater Anbieter den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von zukünftigen technischen und programmlichen Entwicklungschancen abzuschneiden, die Rundfunkregulierung allein marktwirtschaftlichen Prinzipien zu unterwerfen und den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf Nischenfunktionen zu verweisen.
Demgegenüber macht der Autor, derzeit ARD-Vorsitzender, deutlich, daß der gesellschaftliche Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Zeitalter der Globalisierung, Deregulierung und zunehmender Unübersichtlichkeit wichtiger denn je ist. Der Gefährdung des demokratischen Diskurses durch die Kommerzialisierung und damit einhergehende Trivialisierung der öffentlichen Kommunikation muß der öffentlich-rechtliche Rundfunk durch Vermittlung von relevanten Informationen und Orientierungswissen entgegenwirken. Die Länder als Mediengesetzgeber seien aufgefordert, eine Aushöhlung des Subsidiaritätsprinzips durch die EU-Kommission abzuwehren. Zugleich warnt der Autor davor, die Rundfunkautonomie durch sogenannte Konkretisierungen des Grundversorgungsauftrags einzuschänken. Der föderative, also gleichzeitig nationale und regionale Programmauftrag der ARD dürfe nicht auf eine Komplementärfunktion reduziert oder in Einzelaufträge geteilt werden.
Ein "Burgfrieden" zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Rundfunkanbietern sei nur bei gegenseitiger Anerkennung denkbar, wozu auch die Akzeptanz der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags aus Gebühren und Werbung gehöre. Die ARD halte (wie das ZDF) an der Werbeteilfinanzierung fest, weil sie die politische Unabhängigkeit stärke und der Erfüllung des Programmauftrags diene. Werbung bei ARD und ZDF sei außerdem ein Wettbewerbskorrektiv im Fernsehwerbemarkt, der in der Prime time schon weitgehend von zwei privaten Konzernfamilien dominiert werde, und sie sorge für ein Stück "Bodenhaftung" des öffentlich-rechtlichen Programms.
Die Einheitsgebühr dürfe nicht in Frage gestellt werden, ihre Aufkündigung wäre ein Stück Selbstdemontage des kooperativen Föderalismus in Deutschland. Den föderativen Rundfunkauftrag könne kein anderer Anbieter quantitativ und qualitativ so überzeugend erfüllen wie die ARD mit ihren vielfältigen Hörfunk- und Fernsehprogrammen.
MP 6/1999, S. 278-287
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