Heft 9

Gerd Hallenberger

Eurofiction 1999: Stagnation auf hohem Niveau

Erstausgestrahlte einheimische fiktionale Fernsehproduktionen in Deutschland: Angebotsstruktur und Nutzung

Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei fiktionalen Fernsehproduktionen weiter an der Spitze. Dies belegen die neuen Ergebnisse des seit 1996 durchgeführten Forschungsprojekts Eurofiction: Im Jahr 1999 wurden im deutschen Fernsehen 1 828 Stunden Erstausstrahlungen von insgesamt 347 Produktionen in 2 718 Sendungen gezeigt. Mit deutlichem Abstand folgen die Länder Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Das Gesamtangebotsvolumen aller fünf untersuchten Länder stagnierte auf hohem Niveau, wenn auch sich innerhalb der Angebotsstrukturen zum Beispiel Spaniens oder Frankreichs deutliche Veränderungen gegenüber dem Vorjahr zeigen.

Differenziert man die Fictionproduktionen in Deutschland nach Sendern, lag die ARD 1999 - wie in den Jahren zuvor - bei der kumulierten Sendedauer mit 573 Stunden an erster Stelle, gefolgt von RTL (432 Stunden), dem ZDF (355 Stunden) und SAT.1 (202 Stunden). Bei der Zahl der Produktionen führte das ZDF - das keine Daily Soap sendet - mit 101 Produktionen vor der ARD (81), RTL (53) und SAT.1 (50). ProSieben verzeichnete 1999 mit 28 Produktionen und 130 Stunden kumulierter Sendezeit einen deutlichen Zuwachs. Während die Angebotsstruktur der kleineren Privatsender von Jahr zu Jahr stark schwankt, zeigen die kleineren öffentlich-rechtlichen Sender eine zwar begrenzte, aber kontinuierliche Beteiligung an diesem Programmsegment.

Das insgesamt leicht rückläufige Angebotsvolumen ist vor allem darauf zurückzuführen, dass 1999 an bestimmten Erstausstrahlungsplätzen gelegentlich Wiederholungen ausgestrahlt wurden. Auch die Zahl der Produktionen war 1999 etwas kleiner; an der Formatmischung hat sich aber nicht viel geändert: Mehr als die Hälfte sind Einzelstücke, der Rest serielle(re) Format-Typen. Koproduktionen gab es wie im Vorjahr kaum, die wenigen beschränkten sich im Wesentlichen auf den deutschen Sprachraum. Mit Blick auf die vier verwendeten Genreklassifizierungen gab es eine starke Zunahme bei Comedy aufgrund der Angebotsausweitung bei RTL und SAT.1, es dominiert aber weiterhin General Drama vor Crime/Action.

Deutliche Unterschiede zeigen sich in und außerhalb der Prime Time: Tagsüber dominiert General Drama, am Abend Crime/Action. Die inhaltbezogene Analyse nach Handlungszeit, -raum, -ort und -personen macht deutlich, dass sich das Fictionangebot am realen deutschen Alltag orientiert. In Bezug auf die Nutzung ist bemerkenswert, dass die Zuschauer offenbar neue Varianten vertrauter Produktionen den unbekannten Einzelstücken vorziehen: In den Hitlisten der meistgesehenen Sendungen dominieren wie in den Vorjahren die bekannten Krimiserien öffentlich-rechtlicher Sender.

MP 9/2000, S. 395-405



Zurück zur Übersicht