Heft 10

Jochen Zimmer

Großbritannien und Frankreich: Vorreiter für digitales und interaktives Fernsehen

Unterschiedliche Marktsituation und Erfolgsvoraussetzungen im europäischen Vergleich

Während in Deutschland die digitale Pay-TV-Plattform Premiere World weiterhin als Problemfall gilt und der erhoffte Abonnentenzuwachs ausbleibt, hat sich der digitale Empfang in Großbritannien und Frankreich rasch ausgebreitet. Die im Oktober 1998 lancierte britische digitale Satellitenplattform Sky digital konnte durch die kostenlose Abgabe digitaler Receiver bis Mitte 2000 3,6 Mio Abonnenten gewinnen - vor allem aus dem Bestand der analogen Pay-TV-Kunden -, so dass die analoge Satellitenverbreitung des Pay-TV-Paketes früher als geplant bereits Mitte 2001 eingestellt werden soll. Das Konkurrenzangebot ONdigital wird seit November 1998 über digitale terrestrische Frequenzen (DTT) verbreitet und dürfte noch in diesem Jahr die Schwelle von 1 Million Abonnenten erreichen. Demgegenüber haben digitale Kabeldienste in Großbritannien derzeit noch mit Startschwierigkeiten zu kämpfen.

In Frankreich gingen bereits 1996 drei digitale Satellitenplattformen an den Start, auch hier konnten sich die Canal-Plus-Tochter Canalsatellite numérique (1,4 Mio Abonnenten Mitte 2000) sowie das von den terrestrischen Free-TV-Sendern geführte Konkurrenzprojekt TPS (900 000 Abonnenten) rasch etablieren, während ABSat als Ableger eines Filmproduktionsunternehmens nur eine Nebenrolle spielt, ebenso wie zur Zeit noch digitales Fernsehen via Kabel.

Große Bedeutung kommt in beiden Ländern den interaktiven Diensten zu, deren Angebotspalette ständig erweitert wird. Sky Digitals interaktive Plattform Open setzt dabei auf die sogenannte Walled-Garden-Strategie, die nur ein begrenztes Angebot internetartiger Dienste (z.B. E-Mail, Onlineshopping) zur Verfügung stellt. Das Konkurrenzprojekt ONnet erlaubt demgegenüber seit September 2000 vollwertigen Internetzugang. Die Anbieter berichten von positiver Resonanz auf die interaktiven Dienste, eine aktuelle Nutzerstudie konnte hingegen nur einen begrenzten Stellenwert der interaktiven Dienste ermitteln. Auch in Frankreich werden die interaktiven Fernsehdienste zügig ausgebaut. Von Vorteil sind hier die breit gestreuten und langjährigen Erfahrungen mit dem immer noch erfolgreichen Bildschirmtextdienst Minitel.

MP 10/2000, S. 438-450



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