Heft 12

Gerlinde Schumacher/Daniela Hammer

Humorsendungen im Fernsehen: Angebot, Nutzung, Anforderungen

Ergebnisse einer qualitativen ZDF-Studie

In den 90er Jahren wurde ein Comedy-Boom im deutschen Fernsehen entfacht, der bis heute anhält. Dabei steht der Begriff der Comedy für die neue deutsche Lachkultur, die sich in sehr vielfältigen Formaten präsentiert. Da dieses Genre hohe Einschaltquoten erzielen kann, haben viele Programme das Sendevolumen für Humorsendungen erweitert. Die kommerziellen Anbieter zeigen deutlich mehr Humorsendungen als die öffentlich-rechtlichen, wobei amerikanische Situationskomödien (Sitcoms) fast nur von den Privatsendern angeboten werden, während das Erste, die Dritten Programme und 3sat die Tradition des Kabaretts pflegen. Die höchste Zuschauerakzeptanz erreichen Humorsendungen bei RTL und ProSieben - letzt genannter Sender ist vor allem bei den jüngeren Zielgruppen beliebt. Die Bedeutung von Sitcoms hat im deutschen Fernsehen erst in den letzten Jahren zugenommen. Sitcoms sind vor allem dann erfolgreich, wenn sie sich auf die einheimische Kultur beziehen.

Nach den Ergebnissen einer ZDF-Studie stellen die Zuschauer an humoristische Sendungen bestimmte Anforderungen. So sollen sie sich durch einen vielfältigen Humor auszeichnen, sie sollen einzigartig und unverwechselbar sein und dürfen ein gewisses Maß an Unanständigkeit bieten. Die Zuschauer erwarten von einer guten Humorsendung, dass sie einen Alltagsbezug herstellt, was außerdem die Identifikationsmöglichkeit steigert. Wichtig sind ferner Spontaneität, Schlagfertigkeit und Wortwitz sowie Glaubwürdigkeit und Authentizität. Die Zuschauer möchten eine emotionale Beziehung zu den Akteuren aufbauen können. Voraussetzung hierfür ist, dass Comedy- und Sitcom-Darsteller fähig sind, Emotionen zu offenbaren. Gelingt dies, herrscht eine starke Zuschauerbindung an die Sendung. Nach Meinung der in Leitfadeninterviews befragten Zuschauer dürfen Humorsendungen Tabus brechen, allerdings sind die Grenzen des guten Geschmacks umstritten.

Generell werden Live-Sendungen bevorzugt, während eingespielte Lacher auf Ablehnung stoßen. Im Vergleich zwischen öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Programmen zeigen sich Imageunterschiede: Während der gezeigte Humor bei ARD und ZDF als traditioneller, konservativer und braver eingestuft wird, gelten die Humorsendungen der Privatsender als frecher, mutiger und innovativer, aber eben auch als vulgärer.

MP 12/2000, S. 562-573



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