Heft 7

Matthias Zürn

Print- und Onlinezeitungen im Vergleich

Drei Fallstudien

Nach anfangs zögerlicher Haltung gegenüber dem vermeintlichen Konkurrenzmedium Internet sind die Zeitungsverlage inzwischen nahezu durchweg mit Onlineablegern ihrer Printtitel im World Wide Web präsent. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Online- angebote auch tatsächlich die multimedialen und interaktiven Möglichkeiten des neuen Mediums nutzen oder ob es sich eher um blosse Kopien der Printprodukte handelt, die noch kaum den Charakter eines eigenständigen medialen Angebots haben. Die Unterschiede zwischen Print-Tageszeitungen und ihren Online- ablegern wurden fallbeispielhaft an drei deutschsprachigen Qualitätstageszeitungen untersucht: Süddeutsche Zeitung (SZ), Neue Zürcher Zeitung (NZZ, Schweiz) und Die Presse (DP, Österreich). Jeweils zwei Ausgaben dieser drei Titel der zweiten Novemberwoche 1999 wurden mit den gleichzeitigen Onlineangeboten an diesen Tagen verglichen. Bei allen Unterschieden im Detail ergab sich dabei eine Reihe von Gemeinsamkeiten.

So konnte im Rahmen der Untersuchung kein nennenswerter Anteil an reinen Onlineartikeln nachgewiesen werden, die Onlineausgaben beschränkten sich fast ausschließlich auf Übernahmen von Texten der Printredaktionen. Allerdings fanden sich die Artikel online teilweise in einer anderen Ressort- zusammenstellung. Auch bei der Ressortgewichtung offenbarten sich Änderungen, zumal die Übernahmequoten von der Printausgabe in die Onlineversion zwischen 33 Prozent (NZZ), 48 Prozent (SZ) und 85 Prozent (DP) variierten. Auffallend ist, dass auch Fehler aus der Printausgabe in das Onlineangebot einfließen -- eine eigenständige redaktionelle Onlinebearbeitung findet demnach kaum statt.

An interaktiven Angeboten bieten die drei untersuchten Zeitungen E-Mail-Kontakt, die SZ und DP zusätzlich Diskussionsforen, aber keine Gästebücher oder Chat-Foren. Auch weiterführende Links spielen bei den drei untersuchten Titeln eine untergeordnete Rolle -- Gleiches gilt für multimediale Angebote wie Fotos, Film- oder Audiosequenzen. Recherchemöglichkeiten in den Onlinearchiven gehören indes zum Standard, wenn auch in unterschiedlichem Umfang. Inzwischen haben sich die Ende 1999 untersuchten Onlinezeitungen weiterentwickelt, so dass die hier referierten Forschungsergebnisse angesichts der Schnelllebigkeit des Mediums Internet im zeitlichen Zusammenhang betrachtet werden müssen.

MP 7/2000, S. 319-325



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