Heft 7

Udo Michael Krüger

Unterschiedliches Informationsverständnis im öffentlich-rechtlichen und privaten Fernsehen

Programmanalyse 1999: ARD, ZDF, RTL, SAT.1 und ProSieben im Vergleich

Das Programmjahr 1999 war weniger durch Fernsehgroßereignisse geprägt als das Vorjahr. Programmstrukturelle Veränderungen gegenüber 1998 beruhen hauptsächlich darauf, dass auf Sendeplätzen, auf denen 1998 zusätzliche Sportsendungen (Olympische Sommerspiele, Fußball-WM) erschienen, 1999 wieder das "normale Programm" ausgestrahlt wurde. Als außer- gewöhnliches Programmereignis hatte 1999 nur der Kosovokrieg größere Bedeutung, der bei den öffentlich-rechtlichen Sendern wesentlich stärkere Berücksichtigung findet als bei den privaten.

Insgesamt zeigt sich bei allen fünf untersuchten Sendern die Tendenz, Fiction- und Sportangebote zu verringern und Informationsangebote auszuweiten. Klammert man den "Sporteffekt" aus, so sind die Programmprofile von ARD und ZDF insgesamt und in der Prime Time im Wesentlichen stabil. Sie bieten mit 45 bzw. 46 Prozent Anteil am Gesamtprogramm mehr als doppelt soviel Information an wie die Privaten (RTL: 23 %, SAT.1: 19 %, ProSieben: 13 %), bei denen fiktionale und nonfiktionale Unterhaltung (Fiction/Nonfiction: RTL 28 % bzw. 22 %, SAT.1 36 % bzw. 19 %, ProSieben 44 % bzw.15 %) weiterhin dominieren. Bei SAT.1 fallen starke programmstrukturelle Veränderungen in der Hauptsendezeit auf, schwächere auch bei ProSieben, wodurch sich die beiden Sender dem erfolgreichsten Privatsender RTL weitgehend angenähert haben.

Die insbesondere bei den Privatsendern zu beobachtende Ausweitung der Informationsformate erweist sich bei näherer Betrachtung als eine Ausdifferenzierung in den Bereich der leichten, nicht politischen Information an der Grenze zur reinen Unterhaltung. Die Analyse der Inhaltsprofile ausgewählter Sendetitel 1999 zeigt, dass politisch und gesellschaftlich relevante Informationsleistungen im nichttagesaktuellen Angebot nach wie vor nahezu ausschließlich von den Öffentlich-rechtlichen erbracht werden. Im nichtpolitischen Segment haben sich die Privatsender am stärksten etabliert, auch wenn beide Rundfunktypen hier Angebote machen.

MP 7/2000, S. 278-296



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