Heft 5

Armin Rott/Stefan Schmitt

Wirkungen von Programmereignissen auf die Zuschauernachfrage

Eine empirische Analyse am Beispiel von 'Wetten dass..?'

Programmereignisse oder "Events" werden von Programmplanern als Mittel zur Steigerung des Marktanteils, aber auch zur Hebung des Images eines Senders eingesetzt. Dies können spektakuläre Shows, hochaktuelle Berichterstattung, Kino-Highlights und vor allem auch internationale Sportereignisse sein. Der direkt messbare Erfolg solcher Programmereignisse besteht in dem Nettogewinn an Zuschauern, den ein Event gegenüber anderen Programmen erzielt. Die ökonomischen Begriffe der Nachfragekreation, -substitution und -kannibalisierung erlauben es, diese Wirkungen differenzierter zu analysieren. Der Kreationseffekt drückt aus, dass sich die Nachfrage nach Fernsehen durch ein Ereignis insgesamt erhöht. Substitution bezeichnet Sehdauer, die von anderen Sendern abgezogen wird. Kannibalisierung umschreibt den Effekt, dass die von einem Ereignis produzierte Nachfrage nach Fernsehen teilweise auch von anderen Sendungen (ohne speziellen Event-Charakter) erzielt worden wäre.

Die Fernsehnutzung wird von einer Vielzahl struktureller, kultureller und individueller Faktoren beeinflusst. Einen spezifischen Einfluss haben auch das Wetter und alternative Freizeitaktivitäten. Jahreszeit- und wochentagbedingt lassen sich Schwankungen im Fernsehkonsum registrieren. Der Kreationseffekt von Programmereignissen drückt sich auch dadurch aus, dass sie Zuschauer von anderen Freizeitaktivitäten weg und vor den Bildschirm locken können.

Am Beispiel der ZDF-Samstagabendshow "Wetten dass...?" wird demonstriert, wie sich aus den regelmäßig erhobenen Fernsehnutzungsdaten die Kreations-, Substitutions- und Kannibalisierungseffekte errechnen lassen. Bei "Wetten dass...?" ist der Zugewinn an Sehdauer für den Sender erheblich. Quantitativ nicht zu beziffern, aber deshalb unter Umständen nicht weniger bedeutsam ist der Reputationszuwachs, der sich für einen Sender aus der Ausstrahlung von Programmereignissen ergibt. Inwieweit solche Events auch Abstrahleffekte auf das sonstige Programm eines Senders entwickeln, hängt allerdings davon ab, ob das Gesamtprogrammangebot dauerhaft die von den Programmevents geweckten Zuschauerwartungen an Vielfalt und Qualität erfüllen kann.

MP 5/2001, S. 258-263



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