Heft 12

Camille Zubayr/Heinz Gerhard

Berichterstattung zur Bundestagswahl 2002 aus Sicht der Zuschauer

Ergebnisse einer Repräsentativbefragung und der GfK-Fernsehforschung

Basierend auf zwei Datenquellen, der regelmäßigen Zuschauerforschung der GfK und dem ARD/ZDF-Wahltrend, einer zweistufigen Repräsentativumfrage unter insgesamt 2 500 Wahlberechtigten, bilanzieren die Autoren die Nutzung und Bewertung der Fernsehberichterstattung zur Bundestagswahl am 22. September 2002. Über die Hälfte der Befragten gab an, das das Fernsehen im Wahlkampf die wichtigste Informationsquelle für sie war. 51,7 Millionen Bundesbürger sahen sich zumindest eine Wahlsondersendung im Ersten, bei ZDF, RTL oder SAT.1 an. Damit fand die Vorwahlberichterstattung des Fernsehens eine ähnliche Resonanz beim Publikum wie bei der Bundestagswahl vier Jahre zuvor.

Die Gesamtleistung der Sender bei der Vorwahlberichterstattung wurde von den Zuschauern durchaus unterschiedlich bewertet: Während 61 bzw. 59 Prozent aller Zuschauer ARD/Das Erste und ZDF die Schulnoten "sehr gut/gut" erteilten, waren es bei RTL und SAT.1 nur 28 bzw. 17 Prozent. Die Privatsender erzielten dabei bei jüngeren Zuschauer tendenziell etwas bessere Beurteilungen. Ausschlaggebend für die Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Vorwahlberichterstattung war das Vertrauen der Zuschauer in ihre Seriosität, Glaubwürdigkeit und Objektivität. Am Wahlsonntag selbst erzielte das ZDF die beste Bewertung, vor allem wegen der Prognosen und Hochrechnungen. Im übrigen wurden die Sendungen von ARD/Das Erste und ZDF am Wahlabend sehr ähnlich bewertet. "Tagesschau" (ARD) und "Berliner Runde" (ARD/ZDF) waren die meist gesehenen Sendungen am Wahlabend.

Der politische Standort der Zuschauer spielt bei der Beurteilung der Leistung der Sender keine Rolle. Anhänger aller Parteien halten ARD und ZDF für "fair und objektiv". Wirkungen veröffentlichter Wahlumfragen sind kaum feststellbar, vor allem weil die Zuschauer die Berichterstattung durch den "Filter" ihrer eigenen Anschauungen wahrnehmen. Die Nutzer öffentlich-rechtlicher Vorwahlsendungen äußerten in der Befragung ein größeres politisches Selbstvertrauen als diejenigen, die ausschließlich im privaten Fernsehen Wahlsendungen gesehen hatten. Insgesamt ist jedoch ein zunehmend distanzierteres Verhältnis der Zuschauer zur Politik zu konstatieren. Im Vergleich zur Bundestagswahl 1998 war das Meinungsbild zur Politik dieses Mal deutlich skeptischer.

MP 12/2002, S. 586-599



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