Heft 9

Horst Röper

Formationen deutscher Medienmultis 2002

Entwicklungen und Strategien der größten deutschen Medienunternehmen

Die größten deutschen Medienunternehmen sind derzeit durchaus unterschiedlich aufgestellt. Während der Kirch-Konzern in Insolvenz ging (und hier wegen der sich im Fluss befindlichen Entwicklungen nicht näher dargestellt wird), erzielte Bertelsmann weiterhin gute Gewinne. Nach der überraschenden Trennung vom Vorstandsvorsitzenden Thomas Middelhoff Ende Juli 2002 ist bei Bertelsmann ein Kurswechsel zu erwarten. Middelhoff hatte u.a. eine stärkere Zentralisierung der verschiedenen Firmenbereiche angestrebt und die Expansion des Konzerns forciert. Bei der RTL-Group liegt die Führung inzwischen eindeutig bei Bertelsmann, nachdem das Unternehmen im Februar 2001 30 Prozent der Anteile von der Groupe Bruxelles Lambert übernehmen konnte, die im Gegenzug 25,1 Prozent an der Bertelsmann AG erhielt. Ferner wurde der 22-Prozent-Anteil der Pearson-Gruppe erworben. Bertelsmann hält nunmehr 52 Prozent der Anteile direkt und weitere 37 Prozent zusammen mit dem WAZ-Konzern.

Der WAZ-Konzern, Bauer und Burda verkrafteten die Krise im Werbemarkt 2001 besser als beispielsweise der Großverlag Gruner + Jahr, der eine stark rückläufige Gewinnentwicklung zu verzeichnen hat und 2001 gerade noch ein ausgeglichenes Ergebnis erzielte. Gewinneinbruch, Stellenabbau und Führungswechsel kennzeichnen die Situation des Springer-Konzerns, der zudem mit der Frage konfrontiert ist, wer den 40-Prozent-Anteil des Kirch-Konzerns an Springer übernehmen wird; entsprechende Interessen der WAZ-Gruppe stießen bei der Springer-Führung auf Ablehnung.

Wechselvoll waren die beiden letzten Jahre beim Holtzbrinck-Konzern. Nach einem Rekordumsatz im Jahr 2000 stoppte die Krise im Werbemarkt Ausbaupläne in mehreren Bereichen. Die Initiativen im Internet wurden zurückgefahren. Holtzbrinck will von Gruner + Jahr die Berliner Zeitung und den Berliner Kurier übernehmen, dies würde den dortigen Wettbewerb im Zeitungsmarkt jedoch stark einschränken. Über den Verkauf der Rundfunksparte mit dem Nachrichtenkanal n-tv und zahlreichen Hörfunksendern wurde mit Bertelsmann bzw. der RTL-Group Einigkeit erzielt.
Der Bauer-Konzern konnte auch im rezessiv geprägten Jahr 2001 seine Werbeeinnahmen steigern. Die Zurückhaltung des Hauses gegenüber der Interneteuphorie hat sich mittlerweile als richtig erwiesen. Diesbezügliche Aktivitäten hat das Unternehmen noch weiter reduziert, ohne jedoch wie andere Verlagshäuser große Investitionen verloren zu haben. Bei den Programmzeitschriften hat Bauer inzwischen einen Marktanteil von über 50 Prozent.

Die Probleme am neuen Markt und die Ertragsschwäche von Internetangeboten machten sich auch bei Burda bemerkbar, insbesondere beim Aktienkurs der ausgegliederten Focus Digital AG. Der Konzern erzielt 80 Prozent seines Umsatzes mit Zeitschriften, hier wurde durch Titelzukäufe expandiert.

MP 9/2002, S. 406-432



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