Auf der Suche nach dem Fernsehpublikum
Ein Rückblick auf 40 Jahre kontinuierliche Zuschauerforschung
Am 1. April 1963 - zugleich der Sendestart des Zweiten Deutschen Fernsehens - wurde in der alten Bundesrepublik mit der kontinuierlichen Messung der Fernsehnutzung begonnen. Während sich das Fernsehen in den 50er Jahren nur langsam verbreitet hatte, setzte es sich in den 60er Jahren als Massenmedium durch. Anfang 1970 hatten bereits 84 Prozent der bundesdeutschen Haushalte Zugang zum Fernsehen. Ende 1974 wurde mit einer Gerätedichte von 93 Prozent (19 Millionen Haushalte) die Vollversorgung fast erreicht. Nicht nur die Anzahl der Programme, sondern auch das tägliche Programmangebot pro Sender war damals jedoch wesentlich geringer als heute.
Das Einschaltverhalten der deutschen Fernsehzuschauer wurde von 1963 bis Ende 1974 von Infratam, einer Tochterfirma von A.C. Nielsen (USA) und Attwood (GB), registriert, von 1975 bis 1984 wurde hiermit Teleskopie, ein Gemeinschaftsunternehmen von infas/Bad Godesberg und Institut für Demoskopie/Allensbach, beauftragt, und seit 1985 führt die Nürnberger Gesellschaft für Konsum- und Absatzforschung (GfK) die Messungen des Einschaltverhaltens durch. Dies geschieht seit 1988 im Auftrag der damals von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern gegründeten Arbeitsgemeinschaft Fernsehforschung (AGF). Die Messverfahren haben sich im Laufe der Jahre ständig weiterentwickelt, sodass heute eine bundesweite, alle Empfangstechniken umfassende, sekundengenaue Messung des Fernsehverhaltens einschließlich Teletext üblich ist.
Bereits in den 60er und 70er Jahren erreichten Unterhaltungssendungen sehr hohe Einschaltquoten. Seit es die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Fernsehprogrammen gab, konnte ein "Unterhaltungsslalom" der Fernsehzuschauer bei gleichzeitiger Umgehung von Informationssendungen beobachtet werden. Hohes Interesse wurde auch aktuellen Übertragungsereignissen entgegengebracht, wie zum Beispiel bei den Sondersendungen zum Tod von John F. Kennedy im November 1963. Selbst in den 70er Jahren war das Fernsehen keineswegs generell ein Familienmedium, denn auch damals saßen pro Haushalt durchschnittlich weniger als zwei Personen vor dem Bildschirm. Ausnahmen waren lediglich Krimis, Spielfilme und einige Unterhaltungsshows.
Mit der Einführung eines neuen Programmschemas im Jahr 1978 differenzierten ARD und ZDF ihr Angebot weiter aus. Mitte der 80er Jahre verbreitete sich das neu entstandene Privatfernsehen zunächst nur langsam, bis es sich in den 90er Jahren durchsetzte; der Konkurrenzkampf unter den Sendern wurde härter. Gleichzeitig stieg der Zeitaufwand der erwachsenen Zuschauer für das Fernsehen deutlich an. Trotz aller Änderungen blieben bis heute die Nachrichten eine feste Größe im Fernsehkonsum der Bundesbürger, wobei ARD und ZDF nach wie vor eine dominierende Rolle spielen.
MP 1/2004, S. 15-27
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