Media-Planung in den USA: Fernsehwerbung und die über 49-Jährigen
Die Diskussion über Werbung und ältere Zielgruppen
Die aus den USA stammende Definition der Werbezielgruppe der 18- bis 49-Jährigen hat ihren Ursprung nicht in einer objektiven Analyse der Fakten, sondern ist vor rund 50 Jahren als Verkaufsstrategie eines unterlegenen Wettbewerbers entstanden. So hatte damals der Chef des amerikanischen Networks ABC die Idee, statt aller in den Fernsehhaushalten erreichten Erwachsenen nur die Reichweiten der 18- bis 49-Jährigen auszuweisen, um damit seinem auf jüngere Zuschauer ausgerichteten Sender günstigere Quoten zu bescheren. ABC propagierte diese neue Zielgruppe als die "bessere" Planungsstrategie. Nach anfänglicher Skepsis hat sich diese Zielgruppendefinition als Währung für die Werbewirtschaft durchgesetzt.
Die Gründe für den Erfolg lagen in den demographischen Trends Anfang der 60er Jahre, als sich die Alterspyramide der amerikanischen Gesellschaft durch den sog. Babyboom veränderte - und im damaligen Sehverhalten: Da fast alle amerikanischen Haushalte nur einen Fernseher besaßen, sah die Familie zusammen fern, sodass für die Werbewirtschaft die Haushalte am wertvollsten waren, bei denen sowohl Kinder und Jugendliche als auch Erwachsene erreicht wurden. In den folgenden Jahrzehnten wurden die zwischen 1946 und 1964 geborenen Babyboomer zur zahlenmäßig größten und wichtigsten Generation, und die Zielgruppendefinition "18 bis 49" bestimmte die Programmstrategien aller Networks.
In den 90er Jahren begannen sich jedoch die Voraussetzungen für die Mediaplaner zu verändern. Zum einen ereichten die ersten Babyboomer-Jahrgänge die Altersgrenze von 50 Jahren. Zum anderen kamen durch die Verkabelung immer mehr Networks hinzu, die ihre Zielgruppe teilweise im jüngeren Publikumssegment der 18- bis 34-Jährigen sahen. Umgekehrt reagierte das Network CBS auf das Älterwerden der Babyboomer, indem es die Gruppe der 25- bis 54-Jährigen als die bessere Planungsstrategie propagierte.
Inzwischen beträgt die Spannweite des Durchschnittsalters der verschiedenen Networks rund 30 Jahre. Offensichtlich sind die Gesellschaften in den USA und den meisten europäischen Ländern heute zu heterogen und die Angebote im Fernsehen zu vielseitig, um eine für alle Sender passende Strategie zu rechtfertigen. Darüber hinaus werden Zielgruppendefinitionen, die sich nur auf das Alter beziehen, immer fragwürdiger, da das Alter heute keine Determinante von Konsum und Lifestyle mehr ist. Das Zeitalter einer übergreifenden Zielgruppendefinition scheint vorbei zu sein.
MP 10/2004, S. 483-488
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