Heft 11

Bernd-Peter Lange

Die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Axel-Springer-Konzern

Zu den Prüfungsverfahren beim Bundeskartellamt und der KEK

Der Axel Springer Verlag beabsichtigt, die Mehrheitsanteile der ProSiebenSat.1 Media AG zu übernehmen und anschließend mit dieser zu fusionieren. Sowohl vom Bundeskartellamt als auch von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) wird derzeit dieses Vorhaben geprüft. Aus wettbewerbsrechtlicher bzw. medienrechtlicher Sicht sind jeweils komplexe Sachverhalte zu bewerten. Bundeskartellamt und KEK können dabei unterschiedlich stark auf bewährte Verfahren und Beurteilungskriterien zurückgreifen. Ein für die Zukunft der Konzentrationskontrolle wichtiger Aspekt wird daher auch sein, ob beide Institutionen bei ihrer Prüfung zu ähnlichen Ergebnissen kommen und inwieweit sich dabei Komplementarität oder Überschneidungen zu Tage treten.

Aus wettbewerbsrechtlicher und ökonomischer Sicht besteht die besondere Brisanz der geplanten Fusion darin, dass der führende Zeitungsverlag Deutschlands eine Verschmelzung mit einer der zwei großen privaten Fernsehveranstaltergruppen, die ein enges Oligopol im Fernsehmarkt bilden, eingehen möchte. Zwischen Springer und Bertelsmann (Eigentümer des anderen privaten Fernsehkonzerns, RTL) besteht darüber hinaus bereits eine Partnerschaft im Druckereisektor. Die Fusion von Springer und ProSiebenSat.1 würde das wettbewerbslose Oligopol im Fernsehwerbemarkt nicht abschwächen, aber Potenzial für medienübergreifende Crosspromotion und Werbung schaffen und damit den Wettbewerb wahrscheinlich weiter verringern.

Im Zuständigkeitsbereich der KEK, der Sicherung der Meinungsvielfalt und des Medienpluralismus, ist eine der zentralen Fragen im Kontext des Springer/ProSiebenSat.1-Verfahrens, wie die vielfältigen Verflechtungen zwischen den betroffenen Medien(gattungen) im geplanten Zusammenschluss zu bewerten sind, vor allem mit Blick auf § 26 des Rundfunkstaatsvertrags. Neben der geforderten quantitativen Erfassung der Zuschaueranteile ist hier auch eine qualitative Gesamtbetrachtung der Aktivitäten der beteiligten Unternehmen und der möglichen Konsequenzen der Fusion erforderlich. Bei entsprechender Berücksichtigung und Würdigung der Position des Axel Springer Verlags u.a. im Markt der Tageszeitungen, der Publikumszeitschriften und der Presse insgesamt ist davon auszugehen, dass die kumulierten (virtuellen) Zuschaueranteile des geplanten Gemeinschaftsunternehmens die im Rundfunkstaatsvertrag vorgesehenen Grenzen überschreiten.

Daher kann erwartet werden, dass sowohl das Bundeskartellamt als auch die KEK sich für eine Untersagung des Zusammenschlusses entscheiden werden, zumindest aber den beteiligten Unternehmen einschneidende Auflagen als Bedingung stellen werden.

MP 11/2005, S. 546-557



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