Heft 7

Philip Reevell

Konsolidierungsphase für Digital-TV in Großbritannien

Erfahrungen mit der Nutzung digitaler Angebote

Großbritannien ist mit 50 Prozent digitalen Fernsehhaushalten der am weitesten entwickelte digitale Fernsehmarkt in Europa. Einen kräftigen Schub bekam die Digitalisierung hier durch DVB-T. Die maßgeblich von der BBC getragene Plattform Freeview hat mit ihren etwa 30 frei zugänglichen digitalen Fernsehkanälen, einem niedrigpreisigen Pay-TV-Paket und einem preisgünstigen Decoder Ende 2004 bereits 4,5 Millionen Haushalte mit digitalem terrestrischen Fernsehen versorgt. Das Freeview-Konzept steht damit in deutlichem Kontrast zum Pay-Modell des digitalen Satellitenbetreibers Sky, das vor allem auch recht teure Premiumkanäle aus den Bereichen Sport und Spielfilm enthält. Sky versorgt derzeit rund 7 Millionen britische Haushalte. Der Erfolg von Freeview (Wachstumsrate 2004 im Vergleich zum Vorjahr: 55 %) ist ein wichtiges Element für das Ziel der britischen Regierung, ab 2008 bis 2012 Region für Region auf digitale Übertragungstechnik umzustellen, denn Freeview erreicht offenbar auch bisherige Verweigerer der digitalen Pay-TV-Angebote von Sky.

Wie beeinflusst die Digitalisierung die Fernsehnutzung in Großbritannien? Die fünf traditionellen analog-terrestrischen Fernsehanbieter (BBC1, BBC2, ITV, Channel 4, Five) haben in den 90er Jahren wegen der Sky-Angebote an Reichweite verloren. Eine Antwort von BBC, ITV und Channel 4 bestand in der Gründung eigener digitaler Kanäle. Zur Zeit sehen die Nutzungsstrukturen in digitalen Haushalten folgendermaßen aus: Bezogen auf alle digitalen Haushalte bleiben BBC1 (19,3 %) und ITV (18,5 %) Marktführer, die übrigen drei traditionellen Programme erzielen 18,6 Prozent Marktanteil, auf alle anderen Kanäle entfallen 43 Prozent. Im digitalen Satellitenfernsehen sieht die Situation für die traditionellen Marktführer BBC1 und ITV ungünstiger aus, hier erzielen die "anderen" Kanäle insgesamt 60 Prozent. Im digital-terrestrischen Fernsehen hingegen ist die Lage für die traditionellen Kanäle deutlich besser: BBC1 und ITV erzielen hier 28 bzw. 23 Prozent Marktanteil, BBC2, Channel 4 und Five zusammen rund 32 Prozent, die "anderen" gut 17 Prozent. Diese Nutzungsunterschiede je nach digitaler Plattform zeigen sich ähnlich auch bei den digitalen Ablegern der traditionellen Hauptprogramme. Insgesamt lässt sich sich die gegenwärtige Entwicklung des digitalen Fernsehens in Großbritannien als eine Konsolidierungsphase bezeichnen, in der sich die Anbieter neu positionieren und wegen der vielfältigen Konkurrenz von Programmen auch programminhaltliche Strategien entwickeln müssen.

MP 7/2005, S. 343-350



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