Heft 9

Bernhard Engel/Thomas Windgasse

Mediennutzung und Lebenswelten 2005

Ergebnisse der 9. Welle der ARD/ZDF-Langzeitstudie 'Massenkommunikation'

In der neunten Welle der ARD/ZDF-Langzeitstudie "Massenkommunikation" ist es erstmals möglich, Lebenswelten, wie sie als sog. Sinus-Milieus aus der Fernsehforschung bekannt sind, mit der Mediennutzung und -bewertung zu verknüpfen. Die aus dem Sinus-Milieu-Modell gewonnenen zehn Einzelmilieus lassen sich zu vier Milieugruppen zusammenfassen, die so genannten gesellschaftlichen Leitmilieus, die traditionellen Milieus, die Mainstream-Milieus und die hedonistischen Milieus. Während kulturelle Freizeitaktivitäten eher in oberen sozialen Schichten anzutreffen sind, werden sportliche Aktivitäten milieuübergreifend ausgeübt. "Fun-Aktivitäten" wie Ausgehen in Kneipen, Restaurants, Diskotheken sowie der Kinobesuch, sind vor allem in den modernen Milieus Teil des Alltags. Moderne Performer, die Trendsetter bei der Anschaffung von Geräten der Unterhaltungselektronik sind, haben eine hohe Affinität zu Tonträgern und Video/DVD.

Radio und Fernsehen sind in allen Milieus Basismedien, während die Tageszeitung eine größere Rolle für die Etablierten, Konservativen und Traditionsverwurzelten spielt. Die am wenigsten zeitunglesenden Gruppen - die Modernen Performer und die Experimentalisten - liegen bei der Internetnutzung an der Spitze, allerdings mit einer Nutzung, die immer noch unter der der Tageszeitung liegt.

Im Tagesablauf liegt die Nutzungsdauer der tagesaktuellen Medien zwischen der bürgerlichen Mitte (531 Minuten) und den Postmateriellen (433 Minuten) am weitesten auseinander. Die Nutzungsmotive für Radio hören (Gesamtbevölkerung: Spaß, Information, Entspannung) sind in den einzelnen Milieus unterschiedlich ausgeprägt. Beim Fernsehen ergibt sich zwischen der Nutzungsdauer und einer habituellen Nutzung kein durchgängiger Zusammenhang. Internet und Tageszeitung werden milieuübergreifend zur Information genutzt. Beim Thema Spaß liegt das Fernsehen vor dem Radio und dem Internet. Entspannung und eskapistische Motive bedienen Hörfunk und Fernsehen am besten.

Fernsehen und Radio sind in den traditionellen Milieus besonders profiliert. Unbestritten ist die politische und gesellschaftliche Funktion der öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme. Am besten werden die Öffentlich-rechtlichen von den gesellschaftlichen Leitmilieus bewertet. Die Privatprogramme sehen alle Milieus bis auf die Konservativen als "gut zum Entspannen". Auch bei den Images zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Programmen. Die öffentlich-rechtlichen TV-Programme gelten in allen Milieus als anspruchsvoll, informativ und glaubwürdig, während die privaten Sender ebenfalls in allen Milieus für unterhaltend, locker und ungezwungen gehalten werden.

MP 9/2005, S. 449-464



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