Heft 12

Runar Woldt

Der Wert des öffentlichen Rundfunks in der digitalen Ära

Neue Royal Charter für die BBC

Alle zehn Jahre, wenn die Royal Charter, die rechtliche Basis der BBC, auf den Prüfstand von britischer Medienpolitik und Öffentlichkeit gerät, entfaltet sich auch eine Generaldebatte über die Ziele, Aufgaben und Mittel des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Da die BBC die älteste und angesehenste öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der Welt ist, hat diese Debatte auch Bedeutung außerhalb der britischen Inseln. Auf der Tagesordnung standen in erster Linie die Fragen, welche Rolle der öffentliche Rundfunk in der digitalen Ära spielen soll und kann, welche Ressourcen ihm dafür zur Verfügung gestellt werden und wie er sich zur privaten Konkurrenz positioniert.

Die britische Regierung startete bereits Ende 2003 einen umfangreichen Konsultationsprozess, der in mehreren Stufen zu einer neuen Royal Charter mit einer Laufzeit von 2007 bis 2016/17 führen sollte. Das Review-Verfahren schloss zahlreiche Studien und Gutachten, öffentliche Anhörungen und rund 10 000 Stellungnahmen von Privatpersonen, Wirtschaft, Politik, Parlament und Interessengruppen ein. Die BBC beteiligte sich an dem Review-Verfahren vor allem mit einem umfangreichen Papier, das unter dem Titel "Building Public Value" ein neues, den künftigen digitalen Herausforderungen angepasstes Leitbild für den öffentlichen Rundfunk präsentierte. Im Mittelpunkt stehen hierbei der Wert der BBC für die britische Gesellschaft und Systeme zur Sicherung der Effizienz und Qualität in der Tätigkeit der BBC. Wesentliche Aspekte dieses Konzepts fanden Eingang in die Royal Charter.

Die Eckpunkte der im Juli 2006 beschlossenen Royal Charter waren folgende: Die BBC bleibt weiterhin vor allem durch Gebühren finanziert; die Aufgaben des Board of Governors (Rundfunkrats) übernimmt der neue BBC Trust mit erweiterten Kompetenzen; alle neuen BBC-Projekte durchlaufen künftig einen "Public-Value-Test"; die BBC behält ihre zentrale Rolle bei der Umstellung auf digitale Technik; sie unternimmt weitere Anstrengungen zur Effizienzsteigerung und Dezentralisierung.

Insgesamt bestätigt die neue Royal Charter die Bedeutung der BBC für die britische Gesellschaft auch im digitalen Zeitalter, die BBC bleibt das Herzstück des britischen Mediensystems. Umstritten blieb bis Ende 2006, welche Gebührenerhöhungen die BBC in den kommenden zehn Jahren zu erwarten hat.

MP 12/2006, S. 598-606



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