Heft 2

Udo Michael Krüger

Fernsehnachrichten bei ARD, ZDF, RTL und SAT.1: Strukturen, Themen und Akteure

Jahresbilanz 2005 des InfoMonitors

Inhaltsanalysen von Fernsehnachrichten basieren häufig auf relativ kleinen Stichproben, die lediglich Momentaufnahmen des Programms darstellen und die Effekte des wechselnden Ereignishintergrunds kaum hinreichend abbilden können. Der InfoMonitor des Instituts IFEM, Köln, erfasst dagegen die vier Hauptnachrichtensendungen von ARD/Das Erste, ZDF, RTL und SAT.1 sowie die beiden Nachrichtenmagazine "Tagesthemen" und "heute-journal" seit Januar 2005 kontinuierlich und vollständig. Erst durch ein derartiges langfristiges Monitoring lassen sich Kontinuität und Wandel der Nachrichtenstrukturen angemessen untersuchen.

Das Instrument des InfoMonitors ermöglicht die Analyse von Themenstrukturen auf der Ebene von Hauptkategorien und Sachgebieten, von Top-Themen, Themenkarrieren, Akteuren sowie der geografischen Verteilung der Nachrichtengebung. Die Ergebnisse des InfoMonitors werden monatlich auf dem Internetportal www.politikerscreen.de veröffentlicht.

Im Jahr 2005 zeigte sich, dass sich die öffentlich-rechtlichen Nachrichten unter anderem deutlich durch ihren höheren Politikanteil von den privaten unterscheiden. Während "Tagesschau" und "heute" im Jahresdurchschnitt auf 50 bzw. 39 Prozent Politikthemen kamen, waren es bei "RTL aktuell" 23 Prozent und bei "SAT.1 News" 26 Prozent. Die "Tagesthemen" bestanden zu 46 Prozent und das "heute-journal" zu 48 Prozent aus politischen Themen. In den Monaten, in denen herausragende Ereignisse wie Naturkatastrophen (Tsunami in Südostasien, Hurrikans in Amerika) oder die Papstwahl in Rom das Nachrichtenangebot dominierten, sank der Politikanteil in allen Nachrichtensendungen, jedoch bei den Privaten auf besonders niedrige Werte: So betrug der Anteil politischer Themen bei "RTL aktuell" und "SAT.1 News" im April 2005, dem Monat der Papstwahl, 17 bzw. 18 Prozent.

Weitere Unterschiede werden bei der Betrachtung von Sachgebieten und Einzelthemen deutlich. Die Nachrichtensendungen von ARD und ZDF berichten umfangreicher und thematisch breiter über das Ausland und die internationale Politik. Bei den Privaten spielt unter anderem die Kriminalitätsberichterstattung eine größere Rolle, insgesamt nehmen bunte Themen und Human Interest größeren Raum ein, auch in der Auslandsberichterstattung.

Bei den im zweiten Halbjahr 2005 erfassten Auftritten deutscher Politiker in den Fernsehnachrichten spiegelt sich der politische Umbruch in Deutschland wider: Bereits im Wahlmonat September löst Angela Merkel Ex-Kanzler Gerhard Schröder als am häufigsten in den Nachrichten auftretende Politikerin ab. Nach der Bundestagswahl und mit Beginn der Großen Koalition ist die Präsenz der großen Parteien noch stärker als zuvor.

MP 2/2006, S. 50-74



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