Journalismus in Deutschland 2005
Zentrale Befunde der aktuellen Repräsentativbefragung deutscher Journalisten
Nachdem Anfang der 90er Jahre mit der Studie "Journalismus in Deutschland" erstmals repräsentative Daten über das Berufsfeld erhoben wurden, liegt nunmehr die zweite, als Vergleichsstudie angelegte Repräsentativerhebung zur Profession der Journalisten vor. Das Berufsfeld von angrenzenden Tätigkeitsfeldern wie Public Relations, fiktionalen Medienangeboten oder auch von Laienjournalismus abzugrenzen erweist sich angesichts vielfältiger Wandlungsprozesse im Mediensystem als zunehmend schwieriger. Daher kam der Bestimmung der Grundgesamtheit in der Studie besondere Bedeutung zu. Ermittelt wurde diese anhand dreier Ebenen: 1. Gesellschaftliche Ebene: welche Funktion erfüllen Journalisten? 2. Organisatorische Ebene: welche Medienbetriebe und -angebote setzen die journalistischen Funktionen um? 3. Akteursebene: wer ist professioneller Journalist?
Der Studie zufolge gibt es demnach derzeit 48 000 hauptberufliche Journalisten in Deutschland. Ein gutes Drittel von ihnen arbeitet bei Zeitungen, hinzu kommen im Pressesektor rund 20 Prozent Zeitschriften- und rund 6 Prozent Anzeigenblattjournalisten. Knapp 17 Prozent arbeiten im Hörfunk und 15 Prozent im Fernsehen. Onlinemedien beschäftigen mittlerweile etwa 5 Prozent der Journalisten. Im Vergleich zur Erststudie von 1993 hat sich 2005 die Zahl der freien Journalisten deutlich verringert, vor allem deshalb, weil aufgrund des schwierigen Arbeitsmarktes heute weniger Freie das Kriterium der Hauptberuflichkeit erfüllen. Der Frauenanteil im Journalismus ist im Vergleich zu den 90er Jahren gestiegen, in Führungspositionen sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert, und sie verdienen durchschnittlich auch weniger.
In der alltäglichen Berufspraxis ist der Zeitaufwand für Recherche seit 1993 auf weniger als zwei Stunden täglich gesunken, der Zeitaufwand für technische und organisatorische Aufgaben ist dagegen deutlich gestiegen.
Welches Rollenselbstverständnis haben Journalisten heute? In der Befragung zu Selbstbildern und deren Umsetzbarkeit zeigte sich eine Dominanz des Informationsjournalismus: Nahezu 90 Prozent der Befragten wollen ihr Publikum neutral und präzise informieren. Mehr als die Hälfte der Journalisten bejaht die Kritikfunktion des Journalismus, aber nur eine Minderheit strebt eine aktive Mitbestimmung der politischen Agenda an. Bei den berufsethischen Einstellungen, die indirekt über die Haltung zu umstrittenen Recherchemethoden erfragt wurden, zeigt sich, dass die Mehrheit bei problematischen Vorgehensweisen eher zurückhaltender reagiert als 1993. Allerdings wird auch deutlich, dass die Zulässigkeit bestimmter Recherchemethoden letztlich situationsabhängig zu bewerten ist.
MP 7/2006, S. 346-361
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