Heft 11

Michael Jäckel/Sabine Wollscheid

Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen im familialen Kontext

Eine Analyse mit Zeitbudgetdaten

Die Mediennutzung von Kindern und Jugendlichen beginnt in der Familie, und das Elternvorbild wirkt sich auf die Mediengewohnheiten ihrer Kinder aus. Vor diesem Hintergrund wird unter anderem gefragt, wie hoch die Eigen- und Fremdanteile beim Zustandekommen von jugendlichen Mediennutzungsgewohnheiten. Die Vielfältigkeit und Ausweitung des Medien- und Freizeitangebotes wird derzeit insbesondere mit der kontrovers geführten Diskussion um den Rückgang des Lesens verbunden; ein weiteres Forschungsziel besteht daher in der Beschreibung von Nutzergruppen des Fernsehens und gedruckter Medien im Familienumfeld.

Für das Forschungsprojekt wurde auf die letzte Zeitbudgeterhebung des Statistischen Bundesamtes zurückgegriffen. Sie erfasst über Personen- und Haushaltsfragebogen einerseits und Tagebuchdaten andererseits für jede Person ab zehn Jahre in den befragten Haushalten in zehnminütigen Abständen deren Zeitverwendung während drei Tagen. Im Rahmen der Sekundäranalyse lässt sich zum Beispiel die Frage beantworten, wann, wie lange und mit wem Kinder Medien genutzt haben.

Anhand der Daten wurden insgesamt neun jugendliche Seher- und Lesertypen gebildet, die sich hinsichtlich ihrer Lese- und Fernsehzeitbudgets unterscheiden. Unter den Schülern ab 12 Jahre waren die wenig lesenden Durchschnittsseher die größte Gruppe. Deutlich wurde, dass der angestrebte Schulabschluss mit der Lesedauer korreliert und die Lesedauer mit steigendem Alter tendenziell abnimmt.

Anhand einer Stichprobe von 758 Familien wurde gefragt, inwieweit Lese- und Fernsehnutzungsmuster von Eltern und Kindern positiv zusammenhängen (Beispieltypen: erwartete Vielseher, erwartete Wenigseher) oder inwieweit dazu widersprüchliche Nutzungsmuster der Kinder beobachtet werden können (Beispieltypen: unerwartete Vielseher, unerwartete Wenigseher). Unter Berücksichtigung des Familienumfeldes lassen sich sowohl jugendliche Nutzer finden, deren mediale Gewohnheiten denjenigen ihrer Eltern entsprechen als auch solche, die dem widersprechen und damit als unerwartete Vielleser, Wenigleser usw. klassifiziert werden können. So genannte unerwartete Wenigleser finden sich überdurchschnittlich häufig in Familien mit niedriger Bildung, während unerwartete Vielleser überdurchschnittlich häufig in Familien mit hoher Bildung aufwachsen. Insgesamt zeigt sich, dass Lese- und Fernsehgewohnheiten von Heranwachsenden nach wie vor in hohem Maße bildungsabhängig sind.

MP 11/2006, S. 585-594



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