Heft 8

Horst Röper

Konzentrationssprung im Markt der Tageszeitungen

Daten zur Konzentration der Tagespresse in der Bundesrepublik Deutschland im I. Quartal 2008

In den beiden letzten Jahren ist die Konzentration im Zeitungsmarkt so stark gestiegen wie seit vielen Jahren nicht mehr. 2008 stammen nunmehr 58,5 Prozent der verkauften Exemplare aus den zehn größten Verlagsgruppen; das ist ein Zuwachs um 3,2 Prozentpunkte gegenüber der letzten Untersuchung 2006. Auf die fünf größten Verlage entfallen bereits 44,8 Prozent der Auflage (2006: 41,3 %). Nie zuvor seit 1989 war der Konzentrationsgrad - gemessen als Anteile der Verlage an der Gesamtauflage - in der Tageszeitungsbranche so hoch. Betrachtet man nur den Markt der Abonnementzeitungen, so ist der Konzentrationsgrad hier für die fünf führenden Verlagsgruppen 2006 bis 2008 um 4,9 Prozentpunkte auf 33,9 Prozent gestiegen. Einzig bei den Kaufzeitungen ist der Marktanteil der fünf größten Anbieter gegenüber 2006 leicht um 1,2 Prozentpunkte gesunken, aber mit einem Anteil von 96,1 Prozent immer noch extrem hoch.

Maßgeblich für diesen Konzentrationsschub waren Übernahmen auch von hochauflagigen Zeitungen durch die führenden Konzerne. Vollständig oder teilweise übernommen wurden zum Beispiel Süddeutsche Zeitung (450 000 Exemplare), Frankfurter Rundschau (153 700 Exemplare), Hamburger Morgenpost (110 800 Exemplare), Braunschweiger Zeitung (141 200 Exemplare), Schwarzwälder Bote (104 400 Exemplare), Freies Wort/stz Südthüringer Zeitung (75 700 Exemplare) und Financial Times Deutschland (101 700 Exemplare). Erstmals seit Beginn dieser Marktuntersuchungen wurde sogar eine der führenden Verlagsgruppen (Süddeutsche Zeitung) durch eine andere Gruppe (Stuttgart) annähernd vollständig übernommen. Dadurch rückte mit der Mecom (Berliner Zeitung, Berliner Kurier, Hamburger Morgenpost) erstmals ein Unternehmen im ausländischen Besitz unter die zehn auflagenstärksten Verlage.

Bilanzierend hält der Autor fest, dass das deutsche Kartellrecht den hohen Konzentrationsgrad im Pressewesen zwar nicht verhindern, aber doch abschwächen konnte. Viele Verlage realisierten Zukäufe außerhalb ihrer ursprünglichen Märkte. Der damit verbundenen Anhäufung publizistischer Macht in wenigen Händen, die durch Beteiligungen bei Radio und Fernsehen und Internetengagements noch verstärkt wird, ist mit dem Kartellrecht nicht wirkungsvoll zu begegnen. Zusätzlich gefährdet wird die publizistische Vielfalt durch die aktuell zu beobachtenden Einsparungen im redaktionellen Bereich. Zunehmend werden Kooperationen über Titel- und Unternehmensgrenzen hinweg intensiviert. Sie betreffen bisher vor allem die Inlands- und Auslandskorrespondenten, die Wochenendbeilagen und die nicht-tagesaktuellen themenspezifischen Seiten (wie etwa Bauen und Wohnen, Auto, Gesundheit etc.). Diese Kooperationen werden zunehmend auch auf die klassischen Ressorts ausgedehnt werden. Wenn eigenständige Leistungen der Redaktionen durch die Distribution derselben Stoffe über immer mehr Medien (Zeitungen und auch Internetangebote) ersetzt werden, wird die Vielfalt verspielt. Die Vielfalt im Sinne einer Vielfalt  originärer journalistischer Leistungen, so das Resümee, ist zunehmend gefährdet.

MP 8/2008, S. 420-437



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