Heft 5

Digitale Programmnavigation

Eine Bestandsaufnahme der Marktlage und der Nutzungsgewohnheiten der Zuschauer

Der elektronische Programmführer (EPG) ist unbestritten ein immer wichtiger werdendes Element in der digitalen Fernsehwelt. Eine Analyse des Marktes zeigt jedoch, dass sich der EPG in vielerlei Hinsicht noch in einer frühen Entwicklungsphase befindet. Bisher spielen beispielsweise EPGs bei Anschaffungsentscheidungen der Nutzer für Set-Top-Boxen nur eine geringe Rolle. Auch ein echter Wettbewerb zwischen den Anbietern von EPGs existiert nicht, da Kaufentscheidungen für einen bestimmten Decoder zumeist gleichbedeutend sind mit der Entscheidung für den im Gerät mitgelieferten Navigator. Das Nutzerpotenzial ist außerdem noch weitgehend unerschlossen. Bislang sind es überwiegend technikaffine Early-Adopters, die den EPG umfassend in ihre Programmauswahlstrategien integrieren.

Eine spezielle Untersuchung zur Nutzung von EPGs, in der eine repräsentative Befragung mit qualitativen Gruppendiskussionen kombiniert wurde, zeigt, dass die Integration des EPGs in den Nutzeralltag ein allmählicher Prozess ist. Für Vielseher übernimmt der EPG bereits heute eine wichtige Funktion, um die Nutzung ihres relativ breiten Kanalrepertoires zu steuern. Für viele andere Nutzer ist der EPG bislang vor allem eine kurzfristig genutzte Navigationshilfe, vorhandene weitergehende Funktionen und Personalisierungspotenziale werden nur in geringerem Umfang genutzt. Grundsätzlich steigt mit der Nutzung der weitergehenden Funktionen auch die wahrgenommene Wichtigkeit des EPGs. In Umfang und Art der EPG-Nutzung existieren zurzeit noch geschlechts- und altersspezifische Unterschiede.

Eine verstärkte Nutzung des EPGs - auch als längerfristiges Planungsinstrument - setzt ein höheres Maß an Konvenienz und Komfort voraus, als es bei den jetzigen Systemen zumeist gegeben ist. Größere Schwachpunkte sind zu lange Ladezeiten, unübersichtliche Überblicksdarstellungen, der geringe Visualisierungsgrad und fehlende redaktionelle Programmbewertungen. Um das Potenzial des EPGs als zentrale Programminformationsquelle in der digitalen Fernsehwelt zu realisieren, ist aber auch eine branchenübergreifende Zusammenarbeit und Offenheit erforderlich, da kein Akteur den Markt allein entwickeln kann.

MP 5/2009, S. 233-246



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