Status und Perspektiven öffentlich-rechtlicher Onlinemedien
Erfahrungen aus Großbritannien, Norwegen und Deutschland
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Europa stark verwurzelt. Sein Programmauftrag leitet sich traditionell auch aus der Knappheit der Frequenzen im Rundfunk ab sowie aus der Überzeugung, dass nur ein nicht allein am kommerziellen Markt ausgerichtetes System die Vielfalt und Unabhängigkeit des Rundfunks auf Dauer gewährleisten kann. Mit der Digitalisierung und der wachsenden Bedeutung des Internets stellt sich zunehmend die Frage, ob und wie der öffentlich-rechtliche Programmauftrag auf diese neuen Plattformen übertragen werden kann und wie sich dies auf seine Legitimation auswirkt.
Ein Vergleich der Entwicklung in Großbritannien, Norwegen und Deutschland zeigt, dass zwar in allen Ländern die Ausgangssituation für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am Beginn der Internetära in den 1990er Jahren sehr ähnlich war, Medienpolitik und -regulierung in diesen Ländern seitdem jedoch sehr unterschiedliche Wege gegangen sind. Deutlich wird dies vor allem an der Art und Weise, wie jeweils versucht wurde, das Internet als neues Betätigungsfeld des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu definieren. Während in Norwegen die Onlineaktivitäten von NRK weitgehend pragmatisch unter das „Dach“ des Rundfunks subsumiert wurden und dadurch ihre Legitimation erhielten, wurden in Deutschland die Onlineaktivitäten von ARD und ZDF als Ergänzung zum Kernbereich des Rundfunks eingeordnet und unterliegen weiterhin vielfältigen Restriktionen. Am weitesten entfernt vom klassischen Rundfunkbegriff als Basis öffentlich-rechtlicher Tätigkeit hat sich die Regulierung der BBC in Großbritannien, wo Online (und potenziell auch weitere neue Verbreitungsplattformen) als gleichberechtigte Säule neben den Rundfunk gestellt wurde.
Die medienpolitische Debatte über Reichweite und Zukunft des öffentlich-rechtlichen Auftrags ist in allen untersuchten Ländern sowohl durch heftige Kontroversen im Innern als auch durch Intervention der Europäischen Kommission von außen geprägt. Im Kern geht es hierbei um den besonderen Status, den der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt. Der Autor plädiert dafür, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk künftig als zentralen Bestandteil eines umfassenden, frei zugänglichen Kommunikationsraums („digitale Allmende“) zu verstehen, der sowohl den traditionellen Rundfunk als auch das Internet und andere elektronische Verbreitungsplattformen umfasst.
MP 4/2009, S. 189-200
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