Heft 3

Camille Zubayr/Heinz Gerhard

Tendenzen im Zuschauerverhalten

Fernsehgewohnheiten und Fernsehreichweiten im Jahr 2009

An einem durchschnittlichen Tag des Jahres 2009 verbrachte jeder Bürger 212 Minuten mit dem Fernsehen. Eine solche hohe durchschnittliche Sehdauer gab es zuletzt 2006, als die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland besonders viele Menschen vor die Bildschirme lockte, 2009 fehlte ein solches herausragendes Fernsehereignis. Die dennoch gegenüber dem Vorjahr gestiegene Sehdauer widerspricht Prognosen, die eine rückläufige Bedeutung des Fernsehens vorhersagen. Dies gilt auch für die jüngeren Altersgruppen: Außer bei den 20- bis 29-Jährigen lag die Sehdauer in allen jüngeren Altersgruppen höher als 2008. Ebenso wenig erklärt das veränderte Messverfahren, das seit Mitte 2009 auch die Gäste- und zeitversetzte Nutzung misst, den Zuwachs, da auf diese beiden Nutzungsformen nur ein sehr geringer Anteil von 1,8 Prozent der Fernsehnutzung entfällt.

Das Erste war 2009 das sechste Jahr in Folge trotz Marktanteilseinbußen das meistgesehene Programm. Rang zwei teilten sich das ZDF sowie RTL, das den stärksten Zuwachs verzeichnen konnte. Der Privatsender kabel eins erzielte den zweitstärksten Zuwachs, die öffentlich-rechtlichen Dritten Programme legten leicht zu und die öffentlich-rechtlichen Spartenprogramme 3sat, Phoenix , KI.KA und Arte erzielten stabile bzw. leicht höhere Marktanteile als im Vorjahr. Dabei wurden die Unterschiede in den Senderpräferenzen zwischen west- und ostdeutschen Zuschauern geringer, nicht jedoch diejenigen zwischen den Generationen: Hier bevorzugten die Älteren erneut eindeutig öffentlich-rechtliche Angebote, bei den Jüngeren hingegen war das Erste das einzige öffentlich-rechtliche Programm unter den fünf meistgesehenen Sendern. 

Das Zuschauerinteresse für Nachrichtensendungen nahm 2009 gegenüber dem Vorjahr leicht zu, meistgesehene Sendung war erneut die „Tagesschau“. Auch einige andere Informationsangebote konnten mehr Zuschauer für sich interessieren. Bei den Unterhaltungssendungen wurden vor allem RTL-Angebote stärker nachgefragt. Im Fictionbereich dominierten heimische Fernsehproduktionen den Filmkonsum, „Tatort“- und „Traumschiff“-Filme waren hier am erfolgreichsten. Nur fünf ausländische Filme schafften es unter die 100 meistgesehenen. Bei Serien und Reihen dominierten ebenfalls heimische Produktionen. Insbesondere Dailys am Nachmittag stießen auf starkes Interesses, während am Vorabend viele Serien Zuschauerverluste hinnehmen mussten.

 

MP 3/2010, S. 106-118



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