Heft 10

Erk Simon/Thomas Windgasse

Kultur in den WDR-Programmen

Ein Vorschlag zur Operationalisierung des Kulturbegriffs in Hörfunk und Fernsehen

Wenn man den Umfang kultureller Beiträge eines Radio- oder Fernsehprogramms differenziert und wertungsfrei erfassen möchte, ist es notwendig, den verwendeten Kulturbegriff abzustufen. Die vorliegende Studie wählt folgende praxisnahe Operationalisierung in Form eines dreistufigen Kulturbegriffs: enger (z.B. Kunst, Literatur(verfilmungen), klassische Musik), mittlerer (z.B. Alltagskultur, regionale Kultur, Kirche und Religion, Wissenschaft) und weiter Kulturbegriff (z.B. populäre Musik, Brauchtum, Comedy). Die Analyse einer Programmwoche Ende November 2008 erfolgte auf Beitragsebene, wobei für Fernsehen und Hörfunk ein identisches Kodierschema eingesetzt wurde.

Wie die Ergebnisse verdeutlichen, bietet der WDR in Radio und Fernsehen ein sehr vielfältiges und zielgruppenadäquates Kulturangebot. Im Radio deckt WDR 3 den Bereich der Kultur (Hochkultur) umfassend über Musik und Wort ab. Auch WDR 5 tut dies ausführlich in dem ihm gesteckten Rahmen eines Programms mit geringem Musikanteil und hoher Informationsdichte. Formatbedingt ist die Musik der dominante Kulturinhalt von 1Live, WDR 2 und WDR 4 in der Definition von populärer Musik, die größtenteils dem weiten Kulturbegriff zugeordnet wird. Aber auch hier kommen zahlreiche weitere Kulturbeiträge im Wortbereich hinzu wie zum Beispiel Hörspiele, die dem engen Kulturbegriff zugeordnet wurden.

Auch im WDR Fernsehen wird Kultur nicht nur in den Kultursendungen geboten, sondern - insbesondere in der Programmsparte Information - in einer Vielzahl von Sendungsformen. In der untersuchten Programmwoche waren 9 Prozent des Fernsehgesamtprogramms dem engen Kulturbegriff, 15 Prozent dem mittleren und 16 Prozent dem weiten Kulturbegriff zuzuordnen. Zu den Kulturinhalten zählen aktuelle Kulturinformationen, anspruchsvolle  Filme, Musikübertragungen bis hin zu Themen wie Alltagskultur, fremde Kulturen, Lebenswelt, Religion und Weltanschauung. Wie eine zusätzliche Analyse des Zuschauerverhaltens zeigt, erwarten in der Primetime aber auch kulturorientierte MedienNutzerTypen in erster Linie nicht hochkulturelle Angebote, sondern Unterhaltung und Entspannung.

 

MP 10/2010, S. 483-492



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