Heft 12

Christian Heger

Ausblicke auf das Kino von morgen

Filme im Internet

Das Medium Film befindet sich in einer Übergangsphase, die sich nicht auf einen einzelnen narrativen, produktionsästhetischen oder distributiven Aspekt bezieht (wie dies etwa bei der Einführung des Ton- und Farbfilms, des Fernsehens oder des Videosystems der Fall war), sondern alle Aspekte gleichzeitig betrifft. Onlineportale wie YouTube haben die Filmverbreitung in gleicher Weise enorm vereinfacht, beschleunigt und verbilligt. Gleichzeitig verwandelt sich die Filmrezeption in ein individuelles Erlebnis. An die Stelle der Videothek vor Ort tritt immer öfter der Direktzugriff im Netz, die punktuelle Verfügbarkeit wird ersetzt durch eine nachhaltige und dauerhafte.

Im Hinblick auf die Distribution zeigt das Angebot an Filmplattformen im Internet ein vielschichtiges Bild. In den USA haben sich die Major Players der Unterhaltungsindustrie in zwei große Konkurrenzportale aufgespalten, die Filme und Serienangebote werbefinanziert und kostenlos bereitstellen (Hulu, YouTube). Das DVD-Verleihunternehmen Netflix erwarb ebenfalls umfangreiche Onlinevertriebsrechte an Filmen. Der Anbieter iTunes baut neben seinem großen Musikangebot auch den entgeltfinanzierten Filmbereich aus. Spezialangebote beispielsweise für Stummfilm oder Autorenfilm sind inzwischen für Filmfreunde verfügbar. Im deutschen Markt konkurrieren neben den Pay-Portalen Videoload, Maxdome und Media Markt auch die Gratisangebote von Streamingportalen wie MyVideo und MSN.

Das Internet bietet dem Publikum die Möglichkeit, entweder selbst zum Anbieter zu werden (YouTube) oder sich an der Gestaltung von Filmprodukten interaktiv zu beteiligen. Die Filmindustrie greift bei ihren interaktiven Konzepten auch auf Erfahrungen aus dem Computerspielsektor zurück.

Die Entwicklung des Marktes für Kinoangebote im Internet ist stark geprägt von rechtlichen Unsicherheiten. Die Filmindustrie kämpft trotz großer Kampagnen und drakonischer Strafandrohungen bislang weitgehend erfolglos gegen Piraterie und Copyright-Verletzungen.

MP 12/2011, S. 608-616



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