Heft 10

Udo Michael Krüger

Stabilität und Wandel im Fernsehangebot

Programmstrukturen von ARD/Das Erste, ZDF, RTL, Sat.1 2001 bis 2011

Zieht man den roten Faden von der ersten Phase der Programmanalyse seit Mitte der 1980er Jahre bis zur hier fortgeschriebenen dritten Phase (2001 bis 2011), haben Programminnovationen bei den Privatsendern eines gemeinsam: Mit ihnen verlagert sich das Geschehen in der Fernsehrealität zunehmend in private oder pseudo-öffentliche Lebensbereiche, die politikfern, meist auch wirtschafts- und kulturfern sind, dafür aber der Freisetzung von Emotionen großen Spielraum bieten.

Die beiden öffentlich-rechtlichen Hauptprogramme unterscheiden sich von den privaten Anbietern programmstrukturell nach wie vor wesentlich durch ihren höheren Informationsanteil, dessen Umfang und Vielfalt an den Anforderungen aus dem Programmauftrag ausgerichtet ist. ARD/Das Erste und ZDF verwendeten für die Informationsfunktion im Zeitraum 2001 bis 2011 mehr als doppelt so viel Sendezeit wie RTL/Sat.1/ProSieben. Die drei privaten Sender übertrafen dagegen die beiden öffentlich-rechtlichen in allen Jahren mit Sendungen, die der Unterhaltungsfunktion zugeordnet wurden. ARD/Das Erste und ZDF haben sich den neuen Formaten und Trends in den Infotainment- und Unterhaltungsbereichen nicht verschlossen, diese aber nur in gemäßigter Form verwendet. In Bezug auf Sendungsformen sind typisch für ARD und ZDF alle klassisch journalistischen Berichtsformen, die das öffentlich-rechtliche Informationspotenzial ausmachen, sowie Fernsehfilme.

Alle fünf Sender unternahmen zwischen 2001 und 2011 in unterschiedlichem Maß Programmveränderungen. Sat.1 und vor allem RTL bauten die Realityformate aus, Factual Entertainment ist bei RTL zur dominanten Unterhaltungskomponente geworden. Zum anderen haben sich bei RTL im Bereich der Shows neue Marken entwickelt. Im ausgeweiteten Fictionangebot von Sat.1 tauchten vereinzelt auch größere Eigenproduktionen auf („Die Wanderhure“). ProSieben zeigte die markantesten Veränderungen in der Programmstruktur. Fiction, leichte Unterhaltung und populäre Information mit Distanz zur Politik und zur institutionellen Öffentlichkeit prägten die Programmausrichtung.

MP 10/2012, S. 474-498



Zurück zur Übersicht