Heft 1

Oliver Castendyk

Gibt es zu viele (deutsche) Filme in den Kinos?

Eine Analyse anhand empirischer Daten der Filmwirtschaft

In der deutschen Filmbranche wird seit einiger Zeit diskutiert, ob es ein Überangebot an deutschen Filmen gibt und ob dieses – falls es existiert – durch „Kinoverstopfung“ die Ursache dafür sein könnte, dass der einzelne deutsche Film eine immer kürzere und geringere Chance erhält, im Kino erfolgreich zu sein. Nehmen sich die Filme gegenseitig die Verwertungschancen? Oder erhöht ein größerer Output im Gegenteil die Chancen auf Markterfolg? Im Beitrag werden die Pro-und Contra-Argumente anhand verfügbarer Daten von Filmförderungsanstalt (FFA) und Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) empirisch überprüft.
Die Befunde: Es gibt mehr Kinostarts von Filmen mit deutschem Ursprungszeugnis, nämlich einen Anstieg von 94 im Jahr 2000 auf 205 Kinofilme im Jahr 2011. Das Wachstum fand vor allem bei deutsch-ausländischen Koproduktionen und bei Dokumentarfilmen statt, bei rein deutschen Spielfilmen war es am geringsten. Filme aus den USA, Frankreich und Großbritannien wurden in etwa gleichbleibender Zahl erstaufgeführt.
Haben vor allem die Filme mit „kleinen“ Budgets zugenommen und erschweren diese die optimale Auswertung der „mittleren“ und „größeren“ Filme? Die Daten zeigen für die Spielfilme in den letzten Jahren eine Steigerung bei den mittleren und höheren Budgets. In der Very-Low-und Low-Budget-Kategorie gibt es eine Steigerung durch die Zunahme von Dokumentarfilmen.

Kannibalisierungseffekte im Kino könnten sich auch dann ergeben, wenn sich die Zahl der Startkopien pro Filmstart deutlich erhöht hätte. Hier ist jedoch weder bei deutschen noch bei ausländischen Filmen in den letzten fünf Jahren eine wesentliche Veränderung feststellbar.

Die Analyse ergibt eine klare Korrelation zwischen Anzahl der deutschen Filme und deren Markterfolg: Je mehr Filme (im Durchschnitt der letzten Jahre) gestartet wurden, desto höher lag der deutsche Marktanteil. Dabei tragen die rein deutschen Spielfilme deutlich stärker zum Markterfolg bei als Dokumentationen und deutsch-ausländische Koproduktionen. Eine Analyse nach Besuchern pro Startkopie zeigt einen Zusammenhang zwischen dem Ausnutzungsgrad der Kopie und der Zahl der Filmstarts (nicht aber der Anzahl der Startkopien): Je mehr Neustarts es gibt, desto stärker sinkt die Zahl pro Besucher je Startkopie und damit ihr Ausnutzungsgrad.

MP 1/2013, S. 21-32



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