Heft 11

ARD-Forschungsdienst

Funktionen und Motive der Mediennutzung

Aktuellen medienpsychologischen Forschungen zufolge kann nicht mehr klar zwischen Unterhaltung und Information unterschieden werden. Rezipienten werden unter gewissen Umständen durch Nachrichten informiert und unterhalten. Reine Unterhaltungsangebote können jedoch ebenso wie Nachrichten nachhaltig zu Wissens- und Verhaltensänderungen beitragen. Der Forschungsdienst beschäftigt sich außerdem mit der emotionalen Rezeption von Inhalten, den Auswirkungen des Medienkonsums auf das psychologische Wohlbefinden bzw. die Eigenwahrnehmung nach Vergleichen mit TV-Figuren.

Hinsichtlich der Unterhaltung durch Medieninhalte geht man aufgrund aktueller Forschungsergebnisse davon aus, dass diese Gratifikation auf zwei unterschiedliche Weisen zustande kommt („Dual-Process-Model“): Schnelle assoziative Verarbeitungsprozesse führen zu Vergnügen, reflektierende Verarbeitung führt zu Wertschätzung (etwa bei anspruchsvollen Inhalten wie moralischen Dilemmata). Neben inhaltlichen Aspekten ist es relevant, ob eine Rezeptionssituation als emotional erlebt wird; „bewegt zu sein“ führt zu einer positiven Unterhaltungserfahrung. Unter diesen Umständen verarbeiten Rezipienten auch politisch und/oder gesellschaftlich relevante Inhalte intensiver. Diese Art der Unterhaltung kann nicht nur anstrengend, sondern auch erholsam sein: Inhalte, über die man nachdenken kann, intensivieren Gefühle von Kontrolle und Stärke und wirken sich positiv auf das psychologische Wohlbefinden aus. Ist ein Rezipient jedoch erschöpft und greift auf einfachere Unterhaltungsangebote zurück, wird der eigene Medienkonsum negativ bewertet und trägt nicht zur Erholung bei. Ebenso stellt die Nutzung von sozialen Netzwerken und Onlinevideos in dieser Hinsicht eine Herausforderung für die Selbstkontrolle dar.

Für das persönliche Wohlbefinden ist es eher ungünstig, wenn Zuschauer sich mit den im TV gezeigten Protagonisten vergleichen. Soziale Vergleichsprozesse (z.B. im Kontext von Schönheits-Reality-Shows) sind mit negativen Emotionen wie Neid verbunden. Das Ausmaß der Identifikation der Zuschauer mit den TV-Figuren scheint dabei eine wichtige Rolle zu spielen, sowohl für das Ergebnis des sozialen Vergleichs (wie etwa Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper) als auch für daraus resultierende Handlungsintentionen.

MP 11/2014, S. 573-579



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