Funktionsteilung im dualen System: Sendungsformen, Themen und Akteure im Nonfictionangebot von ARD, ZDF, RTL und Sat.1
Programmanalyse 2015 – Teil 2
Der zweite Teil der Programmanalyse 2015 (der erste ist in Heft 3/2016 erschienen) geht der Frage nach, wie sich die vier großen öffentlichrechtlichen und die privaten Fernsehsender in Deutschland bei der Vermittlung von Realität unterscheiden. Die wichtigsten Indikatoren sind dabei die eingesetzten Sendungsformen, die im Programm angesprochenen Themen und die in den Beiträgen auftretenden Akteure. Untersuchungsbasis war das nonfiktionale Angebot in vier Programmwochen, verteilt über das Jahr 2015, jeweils in der Tageszeitphase 17.00 bis 1.00 Uhr.
Das Nonfictionangebot von ARD/Das Erste und ZDF war 2015 insgesamt umfangreicher und bestand – nach den Funktionen Information, journalistische Unterhaltung und Factual Entertainment differenziert – so gut wie ausschließlich aus Informationssendungen. Die privaten Sender hatten nicht nur ein geringeres Nonfictionangebot, sie bestritten dieses auch nur zu drei Vierteln bzw. gut zur Hälfte mit Informationssendungen. Bei RTL und Sat.1 nahm zusätzlich das Factual Entertainment (22 % bzw. 45 %) größeren Raum ein. In den öffentlich- rechtlichen Hauptprogrammen bestand das Nonfictionangebot in der Zeitphase zwischen 17.00 und 1.00 Uhr ausschließlich aus klassisch-journalistischen Formen der Vermittlung von Information. Vor allem bei Sat.1 hatten dagegen Doku-Soaps und Doku-Inszenierungen einen großen Stellenwert (45 %).
Eine Polarisierung zeigt sich bei den Inhalten des Nonfictionprogramm: Während bei ARD/Das Erste und ZDF in rund der Hälfte des Angebots politische Themen angesprochen werden, spielte bei RTL und Sat.1 Alltagsthemen eine stärkere Rolle, wobei RTL tendenziell den öffentlich-rechtlichen Angeboten näher kommt als Sat.1. Interessante Unterschiede zeigen sich u.a. auch bei der Demografie der im Nonfictionprogramm auftretenden Akteure. Während etwa bei RTL 2015 den höchsten Anteil weiblicher Akteure aufwies, machte sich bei ARD/Das Erste und ZDF die Berichterstattung über internationale Krisen und Ereignisse durch einen höheren Anteil ausländischer Akteure bemerkbar.
Insgesamt erweisen sich die formalen und inhaltlichen Unterschiede zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten nonfiktionalen Angeboten auch im mehrjährigen Vergleich als sehr stabil.
MP 6/2016, S. 344-363
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