Heft 4

Erk Simon/Gerhard Kloppenburg

"Generation Mitte" sieht fern

Analyse der Fernsehnutzung der 35- bis 55-Jährigen

Die mittlere Altersgruppe der 35- bis 55-Jährigen ist aus Sicht der Medienforschung besonders interessant, weil sie sowohl junge Familien als auch die Generation der „Babyboomer“ umfasst. Allein in Nordrhein-Westfalen hat diese Altersgruppe mit 5,3 Millionen Menschen einen Bevölkerungsanteil von 35 Prozent. Die vorliegende Analyse (mit speziellem Fokus auf Nordrhein-Westfalen) erlaubt durch die Berücksichtigung der längerfristigen Entwicklung des Zuschauerverhaltens auch Aussagen über die künftige Bedeutung des Fernsehens für diese Altersgruppe. Die Erwartungen und inhaltlichen Präferenzen der geburtenstarken Jahrgänge werden in den nächsten zehn bis 20 Jahren für den Erfolg der Fernsehprogramme noch wichtiger als heute sein, um hohe Reichweiten zu erzielen und eine Mehrheit des Publikums zu erreichen.

Die mittlere Generation ist aufgrund des verfügbaren Einkommens Vorreiter bezüglich der Nutzung neuer Technologien. Trotz des Wachstums und der Ausdifferenzierung der Internetnutzung sowie der wachsenden Beliebtheit von Video- bzw. Streamingangeboten ist das Fernsehen in dieser Altersgruppe jedoch keinesfalls auf dem Rückzug, sondern erfreut sich unverändert hoher Beliebtheit. Im langfristigen Vergleich hat die Fernsehnutzung deutlich zugenommen: An einem durchschnittlichen Tag im Jahr 1995 sahen Zuschauer der Altersgruppe 35 bis 55 Jahre 175 Minuten fern, 2015 waren es 239 Minuten. 73 Prozent dieser Altersgruppe haben 1995 mindestens einmal täglich ferngesehen, 2015 wurde ein identischer Wert gemessen.

Auch wenn sich bei der jüngeren Generation, die mit der alltäglichen Internetnutzung aufgewachsen ist, Verschiebungen des Medienkonsums abzeichnen, kann für die Generation Mitte festgehalten werden: Die Bindung an das Medium Fernsehen ist stabil und hat für einzelne Zeitzonen bzw. Sendeplätze sogar zugenommen. Vorbehaltlich weiterer Analysen besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die heute 35- bis 55-Jährigen – ebenso wie die Generationen vor ihnen – ihren Fernsehkonsum mit zunehmendem Alter ausweiten werden.


MP 4/2016, S. 236-245



Zurück zur Übersicht