Heft 11

Jan Wiesner

Die Revision der AVMD-Richtlinie

Maßvolle Anpassung der europäischen Regeln im Zeichen der Konvergenz

 Im Rahmen der europäischen Gesetze, die auf den Rundfunk Einfluss haben, nimmt die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) eine besondere Stellung ein, denn sie ist im Grunde die einzige Regelung, die sich explizit mit den Inhalten audiovisueller Medien beschäftigt. Als die Europäische Kommission im Mai 2016 ihren Vorschlag zur Revision der Richtlinie über audiovisuelle Medien vorlegte, lag die letzte Überarbeitung bereits fast zehn Jahre zurück. Der vorliegende Artikel beleuchtet sowohl Aspekte der Vorgeschichte der Revision der AVMD-Richtlinie als auch den Gesetzgebungsprozess, die wichtigsten dort diskutierten Fragen und das ihn beeinflussende Umfeld. Der Gesetzgebungsprozess war bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen.

Die Europäische Kommission machte Vorschläge für zahlreiche Änderungen der bestehenden Richtlinie. Dabei hält sie aber an einer sektorspezifischen Richtlinie, die die Regulierung audiovisueller Mediendienste zum Gegenstand hat, fest. Eine „Revolution“ im Sinne einer übergreifenden Konvergenzrichtlinie wird als nicht realistisch und auch nicht notwendig gesehen. 

Mit der Aufnahme von Video-Sharingplattformen in den Anwendungsbereich und einer weiteren Angleichung der Regeln für lineare und nicht-lineare Dienste wird ein wichtiger Schritt für eine Angleichung der Wettbewerbsbedingungen getan. Auch bei der Werbung zeichnet sich ein Regelwerk ab, das den Wettbewerb zwischen klassischen und neuen Anbietern audiovisueller Mediendienste berücksichtigt. Gleiches gilt für die Förderung europäischer Werke auch in nicht-linearen Diensten. 

Im Hinblick auf die maximale (TV-)Werbezeit wird die neue Richtlinie vermutlich eine Flexibilisierung vorsehen: Künftig soll Werbung 20 Prozent der Sendezeit pro Tag – nicht mehr pro Stunde – ausmachen dürfen. Allerdings wird vermutlich eine Primetime eingeführt, innerhalb der die Werbung nicht mehr als 20 Prozent betragen darf. 

Durch neue Marktteilnehmer wie Google, Amazon, Netflix usw. ist eine zunehmende „Amerikanisierung“ des Lobbyings in Brüssel festzustellen. Dies betrifft sowohl die Inhalte bzw. Positionen als auch die Art und Weise der Interessensvertretung. In den klassischen TV-Verbänden schrumpft der Anteil derjenigen Unternehmen, die die Besonderheit audiovisueller Medien anerkennen und die Notwendigkeit eines besonderen Regulierungsregimes bejahen.

MP 11/2017, S. 567-580



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