Editorial
Die Medienwelt verändert sich – zum Teil schneller, als uns lieb ist. Wir informieren uns jederzeit über das Internet und die sozialen Netzwerke und nutzen personalisierte Angebote, wann immer es zeitlich passt. Gerade junge Menschen gehen mit Medien heute ganz anders um, wie auch eine neue Studie zur Mediennutzung junger Berufseinsteiger zeigt (Seite 16). Gleichzeitig ist das Bedürfnis nach glaubwürdiger Berichterstattung größer denn je. Hier kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine besondere Bedeutung zu (Seite 52): Im vergangenen Jahr schauten täglich um 20.00 Uhr mehr als neun Millionen Zuschauer die „Tagesschau“ – auch aus der Zielgruppe der unter 30-Jährigen – und um 19.00 Uhr mehr als 3,5 Millionen die „heute“-Nachrichten.
Mit Blick auf die Digitalisierung gehört die Integration der unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus und Lebensentwürfe zu den wichtigsten Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Innerhalb der sozialen Netzwerke bilden sich immer stärker fragmentierte Einzelöffentlichkeiten und sogenannte Echoräume individueller Interessen heraus. „Fake News“ und „postfaktisches“ Realitätsempfinden gehören zu den Begleiterscheinungen. Umso wichtiger ist es für eine Demokratie, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei der politischen und gesellschaftlichen Meinungsbildung eine übergreifende Öffentlichkeit und den Diskurs herstellt. Dass er auch bei den non-linearen Angeboten als relevanter Qualitätsanbieter die Menschen erreichen und seine demokratiestiftende Rolle erfüllen kann.
Die großen Strukturprozesse, die der öffentlich-rechtliche Rundfunk im vergangenen Jahr angestoßen hat, gehen weit über den Onlinebereich hinaus. Und für diesen tiefgreifenden Transformationsprozess sind Finanzierungsfragen entscheidend. Ein finanzielles Standbein des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist die Werbung. Um die „Auswirkungen einer Werbereduzierung im Hörfunk auf den regionalen Mittelstand“ geht es im ersten Beitrag dieser Ausgabe. Denn es stellt sich die Frage, wer tatsächlich von einer Reduzierung der Werbemöglichkeiten profitieren würde. Nicht die regionale Wirtschaft und auch nicht die privaten Radiosender – das zumindest legen Marktanalysen in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg nahe. Weitere Studien zeigen, dass auch auf nationaler Ebene eine Werbereduzierung bei den öffentlich-rechtlichen Radiosendern für die Wirtschaft und die privaten Radiosender negative Folgen hätte (siehe Seite 2). Bei allen Veränderungen und Überlegungen sollte es ein Ziel bleiben, auch künftig die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen, um Planungssicherheit und Bewegungsspielraum zu gewährleisten.
Manfred Krupp
MP 1/2017, S. 1
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