Heft 3

Sebastian Adrian/Sascha Hölig/Uwe Hasebrink/Ingo Bosse/Annegret Haage

Mediennutzung von Menschen mit Beeinträchtigungen

Medienbezogene Handlungen, Barrieren und Erwartungen einer heterogenen Zielgruppe

Lineares Programmfernsehen ist für Menschen mit Beeinträchtigungen das mit Abstand meist genutzte Medium. Angebote zum zeitversetzten Ansehen fernsehbezogener Bewegtbildinhalte spielen nur eine untergeordnete Rolle. Dementsprechend ist auch das live ausgestrahlte Programmfernsehen der Ort, an dem gleichberechtigte Teilhabe gewünscht wird. Neben dem Fernseher ist das Radio das am häufigsten verfügbare Mediengerät beeinträchtigter Menschen.

Die Studie der Technischen Universität Dortmund und des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung an der Universität Hamburg liefert erstmals deutschlandweit aussagekräftige Daten zur Mediennutzung, zu den Nutzungsmotiven und -erwartungen sowie zu den individuellen Zugangs- und Nutzungsbarrieren von Menschen mit verschiedenen Beeinträchtigungen (Sehbeeinträchtigungen/Blindheit, Hörbeeinträchtigungen/Gehörlosigkeit, körperliche und motorische Beeinträchtigungen sowie Lernschwierigkeiten). Neben einer Expertenbefragung und Gruppendiskussionen wurden 610 Personen ab 14 Jahren face-to-face befragt.

Fernsehen hat für Menschen mit Beeinträchtigungen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung auch einen höheren funktionalen Stellenwert. Bemerkenswert ist nicht nur die größere Zustimmung zu den Nutzungsmotiven des Fernsehens, sondern auch die im Vergleich zur Gesamtbevölkerung andere Gewichtung dieser Gründe. Gerade die stärkere Relevanz des Motivs „um mitreden zu können“ zeigt, dass das Fernsehen für Menschen mit Beeinträchtigungen eine wichtige Ressource darstellt, um gesellschaftliche Teilhabe herzustellen.  Ein Großteil der Menschen mit Beeinträchtigungen ist mit der Barrierefreiheit im deutschen Fernsehen zufrieden, wobei die Befragten wesentlich zufriedener mit den öffentlich-rechtlichen Programmen sind als mit den Privatsendern. Vor allem für Hörbeeinträchtigte sind Untertitel und Audiodeskription wie auch Gebärdensprachdolmetschung hilfreich. Je nach Beeinträchtigung ergeben sich unterschiedliche medienbezogene Herausforderungen, um Inklusion und Teilhabe zu fördern.

MP 3/2017, S. 145-156



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