Heft 5

Mathias König/Wolfgang König

Social TV: Twitter-Debatten zu politischen Informationssendungen

Eine Untersuchung der Sendungshashtags von #annewill, #berichtausberlin, #berlindirekt und #wasnun

 Das Medium Twitter gewinnt angesichts der Popularität im Wahlkampf in den USA seit Herbst 2016 verstärkt an Bedeutung für die Politik- und Medienwirkungsforschung, auch im Hinblick auf die Bundestagswahl im September 2017. Über diese Plattform werden öffentlich Diskussionen geführt, zum Beispiel zu Themen, die in den klassischen Medien behandelt werden. Mit sogenannten Sendungshashtags kann die Aufmerksamkeit für eine Fernsehsendung in Twitter gesteigert werden, da Nutzer über diesen Operator Informationen zur Sendung einfacher finden bzw. mit anderen Personen teilen können. 

Für die Analyse der Twitter-Kommunikation zu den politischen Informationssendungen „Berlin direkt“ bzw. der Sondersendung „Was nun,…?“ (ZDF), „Bericht aus Berlin“ und der Talksendung „Anne Will“ (beide Das Erste) wurden drei exemplarische Sonntage ausgewählt. Am 29.1.2017 gab Martin Schulz seine Kanzlerkandidatur bekannt, am 5.3.2017 wurde die diplomatische Krise zwischen der deutschen und der türkischen Regierung in den Sendungen thematisiert und am 12.3.2017 war die Ausweitung dieses Konflikts erneut Diskussionsgegenstand. Die Untersuchung der Aktivität von Twitter-Nutzern, gemessen an der Anzahl versendeter Tweets, Retweets und @-Adressierungen zu dem jeweiligen Hashtag ergab, dass  die Ausgaben der Sendung „Anne Will“ hierbei  am besten abschnitten; besonders am 12.3.2017, einem „türkisch-deutschen TV-Duell“ zwischen Peter Altmaier und dem Minister Akif Çagatay Kiliç, wurde viel zur Sendung getwittert. Der „Bericht aus Berlin“ erfuhr insgesamt die geringste Aufmerksamkeit der Twitter-Nutzer. Bei der Sonderausgabe von „Berlin direkt“, „Was nun,…?“, gab es deutlich mehr Erwähnungen des Sendungshashtags auf Twitter als bei den regulären Ausgaben der Sendung. 

Erfolgsfaktoren für Sendungshashtags sind der Analyse zufolge unter anderem: Die Popularität einer Sendung, Abweichungen vom „normalen“ Format, ein thematischer Bezug zur Bundestagswahl und ein gewisser Grad an Personalisierung (besonders beim „TV-Duell“). Für die Viralität von Tweets ist es entscheidend, ob eine eher kritische oder sarkastische Haltung vertreten wird. Sendungsloyale Nutzer twittern zu jeder Ausgabe „ihrer“ Sendung und beeinflussen die Gesamtzahl an Tweets. Weniger entscheidend für den Erfolg eines Hashtags sind die Sendezeit, die Zuschauerzahl, aber auch die Anzahl der Follower eines Twitter-Accounts.

MP 5/2017, S. 260-272



Zurück zur Übersicht